Dali BMS zu geringer Leiterquerschnitt?

  • Ich montiere gerade meine neue Batteriebank, bestehend aus 4x prismatische LiFePo4- Zellen zu je 3,2 V mit 300 Ah, ergibt einen Akku zu 300 Ah und 12 V. Der Hersteller ist CATL. Dazu habe ich ein Dali BMS s4 und 250 A. Dieses Gerät hat zwei Kabel. Beide sind 2AWG, also etwa 33mm2 Leiterquerschnitt. Ich habe verschiedene Quellen gefunden, die für 2AWG eine Dauerstrombelastbarkeit von maximal 170 A bei einer Umgebungstemperaturen von bis zu 30°C und freier Einzeladerverlegung ausweisen. Für Temperaturen von mehr als 30°C und bis zu 70°C wird ein Reduktionsfaktor von 0,71 ausgewiesen. Das ist bei mir der Fall, ich gehe von bis zu 45°C aus. Damit wäre die Dauerstrombelastung des Dali BMS 121 A, nicht 250. Das ist ein Unterschied von mehr als 100%. Jetzt stellen sich folgende Fragen:

    1. Ist das Dali BMS 4s 250 A unter meinen Umfeldbedingungen physikalisch betrachtet betriebssicher, auch ohne den deutschen, einschlägigen Normen zu entsprechen, weil es technisch gut gemacht ist?

    2. Gibt es ein einschlägiges Regelwerk, das den Betrieb dieses BMS eben doch zulässt?

    3. Habe ich technisch etwas übersehen?

    4. Wäre der Einsatz dieses BMS unter den geschilderten Bedingungen aus fachlicher Hinsicht ausgeschlossen?

    5. Wäre der o. G. Einsatz grobe Fahrlässigkeit?

    6. Welche Dauerstrombelastbarkeit kann aus fachlich fundierter Hinsicht, nicht aufgrund „gesundem Menschenverstand“ angesetzt werden, um beides zu erlangen: a) technische Betriebssicherheit und B) Ausschluss grober Fahrlässigkeit?


    Ich bin Laie und erneuere gerade die Stromversorgung auf meinem Segelboot. Ich fahre mit dem Schiff weit raus und ein Kabelbrand wäre das Letzte, das passieren sollte. Eine Reduktion der Anlage auf 121 A scheidet aus, weil dann mein gesamtes Energiekonzept nicht mehr funktionieren würde. Habe Wechselrichter und die benötigen zumindest 200 A.


    Vielen Dank für Eure Hinweise und beste Grüße!

  • Hallo,


    so eine Verunsicherung kommt dabei raus, wenn man sich, mangels Erfahrung, (zu sehr?) an Tabellenbücher hängt. 8o Ich bin zwar kein Ingenieur, nicht mal Strippenzieher (weshalb ich zu den juristischen Fragen nicht Stellung nehmen kann), aber ich hab immerhin schon mal mit Strom zu tun gehabt. Oft auch mit viel Strom. Daher kann ich hier praxisnahe Tipps geben, die aber den einschlägigen Vorschriften sicherlich nicht selten grob zuwiderlaufen. Mein Vater ist Ingenieur, Fachrichtung Maschinenbau, aber der, er sehe mir meine ketzerische Bemerkung nach, macht sich erst mal ne Zeichnung, bevor er die Zündkerze des Rasenmähers wechselt. DAS macht er dann aber 100%ig vorschriftsmäßig. ;) Ich würde nur über Brücken gehen, die echte Ingenieure konstruiert haben. Aber bei Wohnmobilinstallationen schwöre ich eher auf Erfahrung! Aber zu Sache...


    Das Daly-BMS mit 250A besitzt 2AWG-Kabel, was einem Querschnitt von rund 34mm² entspricht. Das sind schon ganz ordentliche Okolyten. Bevor die auch nur warm werden, muss schon für eine ganze Weile ziemlich viel Strom fließen. Wem das nicht reicht, der baut die angeschraubten Stromschienen ab und bohrt ein oder zwei Löchlein rein, wo dann Schrauben durchgesteckt werden, damit man dann richtig fette Kabel über ebensolche Ringkabelschuhe anschließen kann. Das wird zwar das arme 2AWG-Käbelchen grämen, aber das Problem mit dem Tabellenbuch vollumfänglich lösen. 8)


    Allerdings stellt sich der Praktiker dabei die Frage, ob denn ein Daly 250A-BMS wirklich geeignet ist, um dauerhaft 250A darüber zu leiten. Eine 250A-Sicherung wäre es jedenfalls nicht. Daher würde ich bei Strömen der genannten Größenordnung, besonders wenn sie für längere Zeit fließen sollen, noch eine oder besser gleich zwei Schippen draufwerfen und für diesen Zweck eher ein 400er- oder 500er-BMS rekrutieren. Die bringen dann sogar einen richtigen Lüfter mit, mit dessen Hilfe sich das gestresste BMS nötigenfalls Abkühlung verschaffen kann. Und da sind dann auf jeder Seite auch gleich zwei dieser 2AWG-Strippen dran, was immerhin schon fast 70mm² Leitungsquerschnitt entspricht. Da geht dann richtig was! Allerdings fürchte ich, dass der Batterie dann ziemlich fix die Puste ausgeht, denn die kleinen 300Ah CATL-Zellen sind meines Wissens gar nicht für solche Dauerströme ausgelegt und werden dann schnell zum Nadelöhr.


    Ein wertvoller Praxistip ist es, elektrisch hoch belastete eigene Machwerke im Lastbetrieb nach einer Betriebszeit von wenigen Minuten mutig der Handprobe zu unterziehen. Wenigstens, soweit sie mit Niederspannung betrieben werden, die man anfassen darf. Man lässt den Strom so richtig rauschen, schaut sich das ganze zunächst aus sicherer Entfernung an und schnüffelt überall misstrauisch, ob es irgendwo nach "Amperes" riecht. Tut es das nicht, wird man mutiger und fasst die Kabel an. Dann merkt man schnell, ob da etwas wärmer wird als es angeraten scheint. Und man merkt dann auchl, dass die Kabel selbst meist nicht das Problem sind (jedenfalls nicht, wenn sie wenigstens halbwegs ausreichend dimensioniert sind), sondern die Kabelschuhe und deren Verpressungen! Weshalb Daly die Kabel auch clever an die Stromschienen anschweißt. Nur blöd, dass sie dann doch wieder Ringkabelschhe an die freien Enden pressen, die durchaus schon mal heiß werden können. Jedenfalls wenn die Verpressung Montags verpresst wurde. 8o


    So: Keine der Fragen formell richtig beantwortet, schon gar nicht fachlich fundiert, aber hoffentlich trotzdem ein wenig weitergeholfen. :)


    Grüße, Tom

  • Hallo Tom,


    Vielen Dank für Deine Antwort. „Der gesunde Menschenverstand“ und eine lebenstüchtige Herangehensweise sollten helfen. Dem Laien bleibt, da er grundsätzlich auf sich alleinegestellt ist, zunächst das einschlägige Regelwerk und sich darin einzuarbeiten ist schon eine Herausforderung. Will man die Werte in den Regelwerken, Normen und Lehrbüchern nicht anwenden, hilft der „Gottvaterblick“. Wer ihn aufgrund Ausbildung und Praxiserfahrung hat, kann möglicherweise wissen, dass es auch anders geht und etwas anderes tun, als in den Normen steht, und dabei wissen, warum es fachlich vertretbar ist. Das ist bei mir aber nicht der Fall. Also bleiben zunächst die Tabellenwerke und die sind für mich sehr komplex. Hat man etwas verstanden, findet man gleich das nächste Thema und weiter geht es. Ich stimme Dir aber wegen des gesunden Menschenverstandes zu. Allerdings sollten Laien die Normen einhalten und trotzdem Hand an die Kabel legen und die Temperatur checken.


    Mein Wechselrichter hat 2 kW, also 167 A bei 12 V. Allerdings sinkt die Spannung in der Batterie auf bis zu 10,55 V, sodass die Nennspannung nicht relevant sein dürfte. Rechne ich mit 10,55 V, dann sind es 189 A. Die Dauerstrombelastbarkeit wird bei mir nicht unbedingt dem tatsächlichen Strom entsprechen. Es werden nur kurzfristig und selten die 2 kW des Wechselrichters benötigt. Meistens ist es weniger. Dennoch sollte es nicht zu Problemen kommen, wenn mal 30 Minuten lang 167 bis 189 A fließen.


    Danke auch für Dein Foto. Mir ist aufgefallen, dass das Kabel die Aufschrift 200°C trägt. Das erscheint hoch. Ist das ein Spezialkabel mit höherer Dauerstrombelastbarkeit also die Kabel die wir verwenden? Das Kabel ist auch extrem flexibel, was auch auf ein Spezialkabel hinweisen könnte.


    Beste Grüße: Peter

  • Hallo Tom,


    Hier ist vielleicht eine weitere Spur. Fraron liefert wie unten folgt Kabel, die bis nur 125 °C zugelassen sind. Das Kabel auf dem BMS hat, wie geschrieben, 200°C. Das könnte ein Indiz sein, dass das Dali- 2AWG- Kabel eine höhere Dauerstrombelastbarkeit hat als die Kabel in besagten Normen und Lehrbüchern.


    Nochmal wegen „gesunder Menschenverstand“: Dali hat vermutlich zig- oder Hunderttausende BMS geliefert. Es ist nicht plausibel, eine mangelhafte Auslegung der Kabel anzunehmen. Ich würde aber gerne „WISSEN“, warum diese Auslegung in Ordnung ist.


    Varianten-ID: 14090

    SGX Batteriekabel 34mm², AWG2, rot

    Temperaturbereich -40° bis +125°C

  • Was das genau für ein Kabel ist, kann ich Dir leider auch nicht sagen. Aber die Temperatur bezieht sich wohl weniger auf die Temperatur, die das Kabel wegen der darin abfallenden Leistung von sich aus entwickelt, als mehr die maximale Umgebungstemperatur, bis zu der es eingesetzt werden darf. Es handelt sich aber um sehr hochwertige, feindrähtige und verzinnte Kupferkabel mit ebenso hochwertiger Isolierung. Sowas ist leider teuer. Weshalb sie wohl auch so kurz sind.


    Dem Laien helfen aber auch Tabellenbücher nur sehr begrenzt, denn Erfahrung ist bei solchen Hochstromanlagen in jedem Fall erforderlich, damit man von Anfang an die üblicherweise problematischen Stellen genau im Blick hat. Das sind wie schon erwähnt alle Verbindungsstellen wie Vercrimpungen, Verschraubungen und sonstige Kontaktstellen wie Schalter, Sicherungen und Steckverbinder. Immer wenn viel Strom zwischen zwei Medien wechselt, besteht die Gefahr dass unerwartet hohe Übergangswiderstände eine (thermische) Leistung an diesen Stellen freisetzen, die dann zu den bekannten Schwierigkeiten führt.



    Oben ein typisches Beispiel bei einer Klemmverbindung, wo offenbar der Kontaktdruck im Laufe der Zeit nachgelassen hat. Dadurch erwärmt sich die Stelle des Stromübergangs erst langsam ein wenig, wodurch das Kupfer beschleunigt oxidiert und seine oberflächliche Leitfähig immer mehr einbüßt. Das führt zu erhöhtem Übergangswiderstand, der daraufhin bei Stromdurchgang eine größere Spannung abfallen lässt und damit noch mehr Wärme frei setzt.


    Das Bild ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass man ungewöhnlichen Gerüchen im Bereich einer im Betrieb befindlichen Elektrik unbedingt nachkriechen sollte. Meist riecht man nämlich schon in sehr frühem Stadium die überhitzte Stelle und kann, wenn man rechtzeitig eingreift, problemlos schlimmeres verhindern. Wo viel Strom fließt, kommen solche Fehler entsprechend oft vor.


    Aber weshalb sinkt die Spannung an Deiner 300Ah LiFePO4-Batterie bei 150A auf nur noch 10,5V? Das ist ungewöhnlich und auch hier solltest Du aufmerksam werden: Denn irgendwo muss die fehlende Spannung ja bleiben. In den Daly BMS bleibt sie eher nicht stecken, die sind sehr verlustarm. Aber die Zellenverbinder der Batterie sind z.B. typische Stellen, die schnell erhöhte Übergangswiderstände durch Oxidation aufweisen. Schrauben an den Zellenpolen können sich im Betrieb lockern und wie erwähnt sollte man die Kabelverpressung an Kabelschuhen regelmäßig kontrollieren. Nicht selten habe ich mir daran schon die Finger verbrannt: Das dicke Kabel war dabei nur handwarm, aber der Ringkabelschuh war heiß! Also unbedingt mal mit einem Spannungsmessgerät auf die Pirsch gehen, wenn hohe Ströme fließen, und die Spannungsabfälle zwischen den Schrauben der Zellenverbinder miteinander vergleichen. Das ist die feine Art der Messung, bei der man oft schon wertvolle Erkenntnisse sammelt, wo man noch gar keine Erwärmung spüren kann.


    Wenn Du die Elektrik erst fertig gebaut und eine Weile betrieben hast, wirst Du schnell die nötige Erfahrung erwerben, damit es im Betrieb nicht zu schweren Unfällen kommt. Das ist alles kein Hexenwerk.


    Grüße, Tom

  • Hier geht es schon los mit der fehlenden Erfahrung: Denn es ist ja nicht so, dass ein Kabel bis 175A kalt bliebe, aber bei 176A sofort abbrennt. Man muss viele Umgebungsfaktoren mit in die Rechnung hinein nehmen, erst dann wird ein Schuh daraus. Der wichtigste ist, ob der Strom dauerhaft fließt, denn durch das Kabel passen auch problemlos 1.000A, nur eben nicht auf Dauer, sondern nur so lange, wie das Kabel eine gewisse maximal zulässige Temperatur nicht überschreitet. Womit wir auch schon beim zweiten wesentlichen Faktor sind, nämlich der Umgebungstemperatur: Wenn die schon grenzwertig hoch ist, so dass das Kabel auch unter Last nicht mehr wesentlich heißer werden darf, dann ist die Strombelastbarkeit auch nur sehr klein. Wenn die Umgebung aber kalt ist, womöglich auch noch kühlende Luftbewegung stattfindet, ist dasselbe Kabel sofort erheblich stärker belastbar. Ebenfalls ganz wesentlich ist, ob ein Kabel allein verlegt ist, oder innerhalb eines Kabelbaums, denn es liegt ja auf der Hand, dass in einem Kabelbaum einerseits die Kühlung schlecht ist und andererseits auch noch andere Kabel vorhanden sind, die eventuell ihrerseits Hitze entwickeln. Man sieht: Ganz schön verzwickt das ganze und eben nicht an einem felsenfesten Wert abzulesen, der in einem Tabellenbuch steht. (Juristen sehen das im Schadensfall natürlich oft ganz anders, aber das auch nur deshalb, weil sie ja trotz mangelnder technischer Sachkunde dennoch irgendwelche nackten Werte zugrunde legen müssen, die sie dann eben Tabellen und Vorschriften entnehmen. Die im jeweiligen Einzelfall aber leider oft technisch belanglos sind. Weshalb man bei Gericht üblicherweise auch entsprechende Sachverständige kennt, die sich dann solchen Fragen gutachtlich widmen. Womit ich dann wieder bei dem Maschinenbauingenieur mit der Zeichnung zum Zündkerzenwechsel angekommen wäre...)


    Ich habe für mich eine ganz simple Regel entwickelt: Der größte bei mir im Shop erhältliche Kabelquerschnitt ist 35mm². Vielleicht kommen noch mal 50mm² dazu, aber bisher hatte ich noch nie Bedarf für dickere Leitungen als 35mm². Und sollte es doch mal knüppeldick kommen, so dass 35mm² für eine Anwendung wirklich "zu dünn" sind, werden eben zwei Kabel parallel verlegt, so wie Daly es auch bei seinen großen BMS tut. Die muss man dann natürlich vernünftig symmetrisch anschließen, so dass sich die fließenden Ströme möglichst gleichmäßig aufteilen. Was auch gar nicht so einfach ist.


    Grüße, Tom

  • Hallo Tom,


    Die Spannung sinkt mit abnehmender Kapazität infolge Entnahme. Zwar haben LiFePo4- Batterien eine flache Kennlinie, aber die BMS kommen mit einer Voreinstellung von 10,5 V. Ich würde das auf 10,55 erhöhen, aber das ist dann die Spannung bei weitgehender Entladung. Daher gehe ich als Laie davon aus, dass dieser untere Wert der Bemessungswert für die Kabelauslegung ist und nicht der Nennwert, also 12 V.

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