Einige Fragen zum Wechsel von AGM- auf LiFePO4-Batterien

  • Hallo Herr Rücker,


    ich habe großes Interesse daran, die vorhandenen AGM-Batterien unseres Segelbootes, gegen einen Ihrer Bausätze, 560 bzw. 620 Ah, zu tauschen.

    Aktuell haben wir folgendes Layout:

    - Batteriebank 3x 70 Ah AGM + eine zusätzliche in eigener Box. Diese wird ersatzlos gestrichen.

    Die drei Batterien sitzen in einer Wanne aus glasfaserverstärktem Kunststoff und sind nach oben (Segelyachten können theoretisch durchkentern) mit einem Gurt gesichert.

    - 230V Ladegerät Sterling Pro Charge D 1250CED 50A an 12V, IUoU Kennlinie, eingestellt auf AGM (was meiner Meinung nach auch zu LiFePo4 passen müsste) Ladeschlußspannung 14,4 V, Erhaltungsladung 13,6 V, alternativ wären hier 14,8 V Ladeschluss einstellbar.

    - Lichtmaschine (120 AH) zu Batterie Lader Sterling AB12130, IUoU Kennlinie, Eingestellt auf AGM Ladeschluss 14,6 V, Erhalt 13,7 V (hier ist so ziemlich alles 14 V bis 15,1 V, bzw. 13,35 bis 13,8 V einstellbar)

    - Starterbatterie 70 Ah Blei-Säure. Diese wird lediglich über den Bypass des LiMa-Laders geladen. Es gibt einen Schalter um im Notfall die beiden Bänke zu verbinden (interne Starthilfe)

    - Die Batterien stehen im beheizten Innenraum


    Ich habe mal ein Layout skizziert, wie die Zellen in die bestehende Wanne passen können. Den Freiraum würde ich mit Foamglas, einem nichtleitenden, nicht brennbaren Dämmstoff füllen. Die Zwischenräume der Zellen, wie von Ihnen vorgeschlagen, mit Gummi/ Neoprenmatten.


    Jetzt zu meinen Fragen:

    - Die Zellen sind mit dem Erweiterungssatz komplett Parallel geschaltet, ergeben sich daraus nicht Probleme, wenn eine Zelle defekt sein sollte? Also besteht die Gefahr, dass die defekte Zelle gekocht wird? Und merke ich überhaupt wenn eine Zelle defekt ist (bei Monitoring über PC/App)

    - Ich gehe davon aus, dass einer Ihrer Power-Equalizer kein Problem damit hat auch die doppelte Bank zu balancieren?

    - Ladegeräte und sämtliche Abgänge sind am Schwarzen Ausgang des BMS - und an Batterie + anzuschließen?

    - Da der LiMa zu Batterie Lader maximal 110 AH zur Verbraucherbatterie durchlässt haben wir bei 560 oder 620 AH kein Problem mit zu hohem Ladestrom, oder?

    - Die Anschlüsse der Batterie sind M8?

    - Was passiert, wenn ich die Batterie für einige Sekunden, um Starthilfe zu geben, auf die Blei-Säure schalte? Begrenzt das BMS den Stromfluss so, dass mir nichts dabei um die Ohren fliegt? Würden dabei die 600A Peak überschritten? Bei den AGM auf die Blei-Säure Batterie ist dabei nie etwas warm geworden, Stromstärke nicht gemessen, in den letzten 13 Jahren habe ich das 3 mal gemacht.

    - Auf der RS485-Seite müsste sich das Monitoring Kabel auf ca. 10m verlängern lassen (Bei USB gibt das ja schon oft Probleme)?

    - Liegen die Werte für Ladeschluß- und Erhaltungsladung im richtigen Bereich, was wäre optimal?

    - Würden Sie mir die notwendigen Kabelbrücken für das vorgeschlagene Layout (sofern okay) anfertigen?

    - Wie sieht es mit der Ersatzteilversorgung aus? Gibt es die Zellen so auch längerfristig zu kaufen oder ändert der Hersteller ständig Gehäuse und Kapazitäten?

    - Habe ich irgendwo einen kompletten Denkfehler drin?


    Ich bedanke mich schon jetzt dafür, dass Sie sich mit meinen Fragen auseinandersetzen.


    Mit besten Grüßen


    Fritz W.

  • Hallo,


    ich beantworte Ihre Fragen der Einfachheit halber tabellarisch:


    1. Ob sich Ihr Sterling-Lader auch für diesen Einsatzzweck eignet, vermag ich mangels Erfahrung damit nicht zu sagen. Hier empfehle ich den Hersteller oder Händler des Laders um Auskunft zu bitten, inwieweit er auch für LiFePO4-Batterien geeignet ist. 14,4V Ladeschluss sind optimal.

    2. Gleiches gilt für den Sterling B2B-Lader.

    3. Einen Schalter zur Verbindung von Bleibatterie und Lithium-Batterie empfehle ich nicht, da es bei stark unterschiedlichen Ladezuständen zu schädlichen Ausgleichsströmen kommen kann.

    4. Ein beheizter Innenraum ist zur Ladung von LiFePO4-Batterien optimal.

    5. LiFePO4-Zellen neigen im Normalbetrieb, anders als Bleiakkus, nicht zu Kurzschlüssen, weshalb dieser Fall, außer bei starker mechanischer Deformierung nicht weiter beachtet werden muss.

    6. Der Power-Equalizer kann problemlos für Batterien bis zu 1.000Ah eingesetzt werden. Sollte wegen besonders schwieriger Betriebsbedingungen oder wegen Batterien mit starken Alterungserscheinungen höhere Ausgleichsleistungen erforderlich sein, kann man einfach weitere Equalizer hinzuschalten.

    7. Generell sind alle externen Anschlüsse und Geräte nur am schwarzen BMS-Kabel und am Pluspol der Batterien anzuschließen. Die dazwischenliegenden Verbinder sind für externe Geräte – außer dem Power-Equalizer) tabu, damit es nicht zu Asymmetrien innerhalb der Batterie kommt.

    8. Eine sauber und niederimpedant verschaltete 560Ah LiFePO4-Batterie bestehend aus LF280-Zellen kann problemlos mit 280A dauerhaft geladen werden. Allerdings sollte man bei kalten und heißen Batterien den Ladestrom vermindern, um die Batterie-Lebensdauer nicht unnötig zu verkürzen. Einen Fingerzeig über Temperaturen und geeignete Ladeströme bietet die beiliegende Grafik der Firma CATL.


    9. Die Batteriepole der Typen LF280 und LF310 besitzen M6-Anschlüsse.

    10. Das BMS begrenzt die Ströme nicht, sondern kann im Überstromfall nur abschalten. Die 200A-Daly-BMS aschalten spätestens bei drohender Überschreitung von 500A ab. Es kann aber zu Überströmen im Sinne von zu hohen Ladeströmen für die LiFePO4-Batterie kommen, wenn der Ladezustand der Bleibatterie hoch und der der LiFePO4-Batterie zu niedrig ist, weshalb ich schon bei Punkt 3. davon abgeraten habe. Bei Entladeströmen tritt dieses Problem nicht im selben Maße auf, weil die LiFePO4-Zellen hier toleranter sind. Im Zweifelsfall ausprobieren und die dabei fließenden Ströme messen, dann weiß man es genau. Man muss dabei natürlich verschiedenen Ladezustands-Szenarien durchprobieren.

    11. Über die maximal zulässige Länger der RS485-Leitung kann ich mangels Erfahrungen damit leider keine Angaben machen.

    12. Als Ladeschlussspannung empfehle ich 14,4V. Die Entladeschlussspannung ist in Systemen die für Bleiakkus ausgelegt waren unkritisch, da LiFePO4-Batterien deutlich tiefer entladen werden dürfen. Letztlich schaltet aber das BMS bei Über- oder Unterschreitung der zulässigen Spannungsgrenzen ab, so dass man sich darum kaum zu kümmern braucht.

    13. Die Polverbinder kann ich Ihnen auf Wunsch anfertigen.

    14. Ich gehe davon aus, dass Ersatz für längere Zeit zur Verfügung steht, da es sich um Industriezellen handelt. Notfalls können Zellen mit ähnlichen technischen Daten aber auch gemischt werden.

    15. Denkfehler habe ich keine gefunden.


    Der Ausführlichkeit wegen noch ein abschließender Hinweis bei Einsatz der LiFePO4-Batterie-Bausätze auf See: Mit Meerwasser sind Batteriepole, Polverbinder, Kabel und Anschlüsse des BMS nicht wirklich kompatibel, weil es sich um Kupfer und Aluminium handelt. Die gesamte Batterie sollte deshalb unbedingt vor Meerwasser geschützt verbaut und alle Anschlüsse gut mit Korrosionsschutzfett o.ä. konserviert werden. Aber ich nehme mal an, das ist in Ihrer GFK-Wanne gewährleistet.


    Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen.


    Grüße, Tom

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