Trotz Active Balancer starker Zellendrift?

  • Hallo mal wieder!

    Bei einer LiFePo4 24V Batterie bestehend aus 8 Zellen, die bereits seit einiger Zeit mit einem Active Balancer betrieben wird, habe ich nun gemessen, dass die einzelnen Zellen unterschiedliche Spannungen aufweisen, nachdem sie voll geladen wurden.

    Geladen wird bis 28.6 Volt, danach hat die vollste Zelle 3.62 Volt und die leerste 3.38.

    Kann es sein, dass der Active Balancer defekt ist?

    Was würdet ihr mir in diesem Fall raten? Batterie einfach weiterbetreiben?

    Schöne Grüße!

    Marlon

  • Hallo Marlon,


    es ist wichtig zu wissen, dass der Ladezustand von LiFePO4-Zellen nicht linear mit ihrer Spannung verläuft. Es ist sogar so, dass die Kennlinie von LiFePO4-Zellen extrem unlinear ist:


    Wenn Zellen Spannungen über 3,45V aufweisen, sind sie voll. Bei 3,65V sind Zellen absolut randvoll. Unterhalb von 3V sind sie leer, bei 2,5V restlos leer. Wenn man nun die Zellenspannungen einer Batterie in den Ladungsbereichen vergleicht, wo die Spannungen der Zellen beim Laden stark ansteigen (95% und darüber), bzw. beim Entladen stark abfallen (10% und darunter), laufen die Zellenspannungen zwangsläufig auseinander. Das liegt einfach daran, dass die Zellen einer Batterie nicht alle genau gleich sind. Eine Zelle hat vielleicht 100% Kapazität, eine andere 98% und wieder andere 102%. Dann ergibt sich das unten dargestellte Diagramm:



    Es liegt auf der Hand, dass die Zelle mit der kleinsten Kapazität immer diejenige ist, die beim Laden als erste voll und beim Entladen als erste leer ist. Deren Spannung wird also immer als erstes im Grenzbereich durchstarten. Umgekehrt verhält es sich mit den stärkeren Zellen. Dieses Verhalten kann kein Equalizer der Welt verhindern, weil Lade- und Entladeströme der Batterie in der Regel größer sind als die Ausgleichsströme der Equalizer, von passiven Balancern ganz zu schweigen. Daher ist es völlig normal, wenn bei Zellenspannungen unter 3,1V, bzw. über 3,4V, die Zellenspannungen plötzlich auseinanderlaufen, obwohl sie im mittleren Bereich dazwischen schön parallel verlaufen.


    Aber natürlich kann auch mal ein Equalizer defekt sein. Das kommt aber, sofern beim Anschluss keine Fehler gemacht wurden (verpolter Anschluss), nur äußerst selten vor. Fast immer sind die oben dargestellten Gründe die Ursache für die Spannungsabweichungen.


    Grüße, Tom

  • Hi Tom!


    Ich habe mich viel mit LiFePo4's beschäftigt und auch wenn mir dein Geschriebenes im Großen und Ganzen so bereits bekannt war finde ich es super, wie du es hier nochmal so kurz und pregnant erklärt hast! Danke dafür!

    Und dadurch ist einiges nochmal klarer geworden!

    Beim Balancer hätte ich gedacht, dass er (weil ja eben die Zellen über 3,45 so gut wie voll sind) die Differenz schnell ausgleichen kann.

    Aber gut, so wurde ich eines Besseren belehrt.


    Das ganze Thema rund um den Ladezustand (SOC) von LiFePo4's hat mich in den letzten Wochen enorm beschäftigt. Auch wenn ich bereits ein gutes Gefühl entwickelt habe ist es wirklich schwer zu sagen, wie voll die Batterien nun wirklich sind. Dazu kommt dass es beim Laden und Entladen mit großen Strömen wirklich sehr schwierig wird, den aktuellen Ladezustand der Batterien zu ermitteln.

    Deswegen hatte ich mir ein Batteriemonitor Gerät mit Shunt gekauft und angeschlossen.

    Da gibt es einen SOC Balken, allerdings ändert der sich, wenn ich nur kurz nen starken Verbraucher wie z.b. ein Heizgerät einschalte und geht zurück zum vorigen Wert (Prozentanzeige Ladebalken), wenn ich das Gerät wieder ausschalte. Eben das soll doch nicht passieren bei diesen Dingern. Aber vermutlich sollte ich dazu mal ein extra Thema aufmachen.

    Nicht mehr heute ;)


    Danke nochmal und viele Grüße!

    Marlon

  • Stimmt, das sollte nicht sein. Denn diese Geräte haben wegen der unlinearen Spannungskurve der LiFePO4-Zellen natürlich auch große Schwierigkeiten, anhand der Zellenspannung deren Ladezustand zu ermitteln, weshalb sie das mittels einer saldieren Messung tun. Sie zeichnen also auf, wie viel und wie lange man Strom (deshalb der Shunt, der den Strom messen soll) in die Batterie einlädt und wie viel wieder entladen wird. Mit der Kenntnis der Nenn-Batteriekapazität ist es mit diesem System möglich, den Ladezustand sehr genau zu ermitteln, ohne die von Dir beobachteten Abweichungen unter Last zu haben.


    Grüße, Tom

  • Diese "Diskussion" kommen ja immer wieder. Lädt man das letzte Zehntel in eine Batterie, ja/Nein. Wir Tom ja schreibt, bringt es nichts die Batterie voll zu pressen, das kommt meines Erachtens von den unsäglichen Interpretationen von den Grenzwerten die im BMS eingetragen werden. Wenn man dort geringer (höhere) Werte ansetzt dürfte es zudem auch batterieschonender sein.


    Vielleicht sollte man (wir) Mal eine Empfehlung für Ladezustände und Grenzwerte etablieren.

  • Hallo HarryHase!

    Was meinst du, es bringt nichts die Batterie voll zu pressen?

    Das es schädlich sein könnte? Das wäre eben die Frage. Generell ist es vermutlich besser, die Batterien nicht unter 10%, besser sogar nicht unter 15% zu entladen und nicht über 90%, besser sogar nicht über 85% zu laden. Das könnte vermutlich mehr Zyklen für die Batterie bedeuten. Getestet habe ich das natürlich nicht.


    Die andere Frage wäre, ob LiFePo4's ab und an mal GANZ voll und GANZ leer gemacht werden sollten. Meines Wissens ist das hier nicht nötig. Bei normalen Lithium Batterien (kommt wahrscheinlich hier auch nochmal auf den Typ an) hört und liesst man das ja gelegentlich mal, das man das tun sollte.


    In unserem Fall ist das mit dem ganz voll laden und komplett entladen wirklich eine relevante Frage.

    Da wir seit Jahren Off-Grid leben, sprich vom Netz abgekoppelt stellt sich uns eben die Frage, wie viel wir aus der Batterie entnehmen, bevor wir sie als "leer deklarieren".

    Anfang Winter hatten wir tatsächlich einige neblige Tage hintereinander. Unüblich für die Gegend, aber es kommt vor. Da freut man sich dann über jedes Watt nutzbare Kapazität und da geht man auch mal über 90%, bzw. unter 10%. Aber ehrlich gesagt tun wir das wirklich selten. ;)


    Viele Grüße!

    Marlon

  • HarryHase: Ich persönlich reize bei normal zyklisch genutzten LiFePO4-Batterien den zulässigen Spannungsbereich der Zellen (2,5 - 3,65V) voll aus, um die bezahlte und im Mobilbetrieb immer mit herumgeschleppte Kapazität auch voll ausnutzen zu können. Nur bei Notstromversorgungsbatterien, die sich normalerweise ja zu 99% im Zustand der Vollladung befinden, vermindere ich die maximale Zellenspannung auf 3,4V, um die Lebensdauer zu erhöhen. Machst Du das anders?


    Marlon: Da die kalendarische Lebensdauer von LiFePO4-Zellen etwa 10 Jahre beträgt und während dieser Zeit zwischen 2.000 und 6.000 Zyklen durchlaufen werden können, erscheint mir im zyklischen Normalbetrieb solcherlei Vorsicht eher übertrieben. M.M.n. sollte man eher darauf achten, die von den Herstellern empfohlenen Ladeströme nicht zu oft zu überschreiten und ganz besonders darauf zu achten, dass sie bei niedrigen Temperaturen nicht überschritten werden, um Lithium-Plating und damit vorzeitigen Kapazitätsverlust zu vermeiden.



    Grüße, Tom

  • Ja, in Sachen Mobilität ist es nochmal ganz anders. Die Lithium Akkus meines Fahrrads lade ich auch immer bis 41 Grad auf (macht Ladegerät automatisch) und fahre, bis sie leer sind. Haben aber nach über 100 Zyklen auch schon an Kapazität eingebüsst.


    Und danke für die Grafik, das wusste ich nicht!

    Bei mir im Schuppen sind mindestens 4 Grad und morgens dauert es immer was bis die Sonne aufgeht. Über 0.25 C lade ich grundsätzlich nicht.

    Habe ja übrigens EVE und CATL. Da kann das mit der Temperatur nochmal anders sein? Und auch mit den Spannungen verhält es sich minimal anders, richtig?


    Edit: Das mit der 10 jährigen Haltbarkeit wusste ich nicht. Was ist denn nach 10 Jahren genau? Kapazitätseinbüssungen?

  • M.W. sind die grundsätzlichen Temperaturbedürfnisse bei LiIon-, LiPo- und LiFePO4-Akkus gleich. Sie mögen zwischen den Zellenherstellern und -modellen etwas differieren, aber dabei wird es sich nur um Nuancen handeln. Wichtig ist, dass man über diese grundsätzlichen Zusammenhänge Bescheid weiß. Viele haben zwar gehört, dass man unter 0°C nicht mehr laden soll, haben aber nicht mitbekommen oder verstanden, dass es nicht nur um das ob geht, sondern ganz besonders auch um das wie. Also nicht nur ob man lädt, sondern auch mit welchem Strom man lädt.


    100 Zyklen reichen durchaus schon aus, um einen Kapazitätsverlust auszulösen. Dabei wird es sich aber eher um einen nur geringfügigen Verlust von wenigen Prozent der Kapazität handeln. Die Zellenhersteller schreiben in den Datenblättern allgemein, dass wenigstens 2000 Zyklen möglich sind, bis die Kapazität auf 80% abgesunken ist. Das bezieht sich natürlich stets auf neue und erstklassige Zellen. Leider werden im Preiswettbewerb zuweilen lange gelagerte Zellen bzw. Zellen allgemein minderer Qualität in Pedelec- und Gerätebatterien verbaut, welche solche günstigen Lebensdauerverläufe dann nicht ermöglichen. Denn wer prüft das schon so genau?


    Grüße, Tom

  • Ich habe derzeit 3.55Volt eingestellt. Für eine wissenschaftliche Versuchsreihe bezüglich des letzten Zehntel fehlt hinreichend genaues Equipment und auch die Geduld.

    Ladestrom ist im WoMo durch Ladegerät, Booster oder PV eh weit unterhalb der angegeben Werte.

    10 jährige Langzeitwerte hat ja auch noch keiner ....

  • Leider werden im Preiswettbewerb zuweilen lange gelagerte Zellen bzw. Zellen allgemein minderer Qualität in Pedelec- und Gerätebatterien verbaut, welche solche günstigen Lebensdauerverläufe dann nicht ermöglichen. Denn wer prüft das schon so genau?

    Als meine EVE Zellen ankamen, hatten die eine Spannung von 2.7 bis 3.1 Volt. Vermutlich standen die Zellen schon lange irgendwo rum. Mhhh.....

  • Na den kann man mit dem Handy einscannen, dann auf diese Seite gehen und den Code eingeben.


    https://www.gobelpower.com/lifepo4_decoder.htm


    Dann Entschlüsseln auswählen ...


    Code-Check...
    Artikelnr.: 04Q-CB-76712-700JB-CW000-9282
    Code scheint richtig zu sein.
    Die Codelänge stimmt.
    Hersteller: EVE-Leistung

    Produkttyp: Batteriezelle

    Batterietyp: LiFePO4

    Nennkapazität: 280Ah (LF280K)

    Nennspannung: 3/2

    Produktionsdatum: 28. Dezember 2021

    Website des Herstellers:https://www.evebattery.com



  • Danke für die Info! Werde ich mir dann mal anschauen! Die Zellen scheinen soweit zu funktionieren. Allerdings hatte ich damals zu unterschiedlichen Zeitpunkten EVE 95 und 100 AH Zellen gekauft und parallel geschaltet.

    Kann man über Widerstände ungefähr irgendwie berechnen, wie "alt" eine Zelle ist, bzw. wieviel Zyklen voraussichtlich noch in ihr stecken?

  • Ich dachte, dass die Regel ungefähr folgendermaßen ist:


    1. Wenn xxxx Zyklen durchlaufen sind, hat die Batterie nur noch 80% ihrer Kapazität. Nutzen kann man sie natürlich weiterhin mit der nun geringeren Kapazität.

    2. Wenn xxxx/2 Zyklen durchlaufen sind, hat die Batterie nur noch ca. 90% ihrer Kapazität.

    3. Wenn xxxx/4 Zyklen durchlaufen sind, hat die Batterie nur noch ca. 95% ihrer Kapazität.


    4. Wenn nun die Batterien unsachgemäß längere Zeit gelagert werden, geht das auf die Zyklen. Trotzdem kann sie weiterhin mit den Restzyklen problemlos genutzt werden. Oder? Da bin ich mir allerdings nicht sicher.


    Daraus würde jedenfalls resultieren, dass wenn ich testen kann, dass die Batterien mehr als ca. 95% ihrer Kapazität haben, dass sie noch relativ frisch und unbeschadet sind.

    Dann würde ich es als Amateur messen können. Oder ist das zu kurz gedacht?

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