Lithium-Batterie mit eingebauter Heizung: Macht das wirklich Sinn?

  • Da diese Frage immer mal wieder aufkommt, möchte ich heute mal über meine Erfahrungen mit LFP-Batterien mit eingebauter Heizung schreiben.


    Wie viele wissen, leiden Lithium-Batterien bei der Ladung mit hohen Strömen bei niedriger Temperaturen, weil sich die Lithium-Ionen an der Anode stauen, an der als Interkalationsmaterial Graphit verwendet wird, was besonders dann schädlich ist, wenn mit hohen Ladeströmen gearbeitet wird, weil es dann zum Lithium-Plating kommen kann, wenn die Ionen nicht schnell genug in die Interkalationsschicht eindringen können. Die Folge sind unerwünschte metallische Lithium-Ablagerungen direkt auf der Graphitelektrode, wodurch einerseits die Graphitelektrode teilweise verstopft und andererseits Lithium als Aktivmaterial aus dem Speicherprozess herausfällt, dass bei den folgenden Entladungen zwar teilweise wieder in Lösung geht, wobei aber dennoch ein Rest metallischer Ablagerungen zurückbleibt. Der Effekt ist gut verständlich hier erklärt.


    Um das zu verhindern liegt der Gedanke nahe, Batterien vor der Ladung entsprechend zu beheizen. Schließlich sind Lithium-Batterien nicht gerade billig, also möchte man ihren Verschleiß natürlich auf ein Minimum beschränken. Die Industrie bietet hierzu LFP-Batterien an, welche an den Seiten des Zellenpacks Heizfolien angebracht haben, die vom BMS entsprechend angesteuert werden, wenn es Kalt ist und gleichzeitig Ladestrom zur Verfügung steht. Soweit, so gut. Klingt auch erstmal nach der perfekten Lösung. :love:


    An dieser Stelle beginnen jedoch die Schwierigkeiten:

    • Es liegt auf der Hand, dass die Batterie nicht permanent mit Strom aus ihr selbst beheizt wird, denn andernfalls wäre sie bei Kälte ganz schnell leer, ohne dass man ihr Strom entnommen hätte. Also kann generell nur dann geheizt werden, wenn der Batterie Ladestrom angeboten wird. Mit diesem Ladestrom werden dann die etwa 10 bis 30W starken Heizfolien gespeist, welche die Akkuzellen auf "Betriebstemperatur" von etwas mehr als 0°C bringen. In der Zeit, bis diese Temperatur erreicht wird, wird natürlich nicht geladen.
    • Nun fragt es sich aber, wie lange es bei einer gegebenen Batterietemperatur dauert, bis der Zellenpack durch die ja recht leistungsschwach dimensionierten Heizfolien hochgeheizt wurde. Denn mit nur 10 bis 30W elektrischer Leistung kommt man bei diesen recht massiven Materialklötzen ja nicht allzu weit. Um 10kg LiFePO4-Akkuzellen um nur 5°C aufzuheizen, wird man bei dieser geringen elektrischen Heizleistung vermutlich locker eine Stunde warten müssen, in der nicht geladen wird!
    • Da während der Heizzeit natürlich nicht geladen wird, sondern das BMS den Ladestrom erst dann zum Zellenpack leitet, wenn er eine gewissen Mindesttemperatur (meist 0 bis 3°C) erreicht hat, verkürzt sich die Ladezeit um diese Zeitspannung. Entsprechend wird bei Fahrten unter 30 bis 60 Minuten Länge dann oft gar nicht mehr geladen und das hat sich der Kunde so natürlich nicht gedacht! :motz:Hier ist man also gut beraten, sich eine Batterie zu kaufen, die wenn sie schon eine Heizung besitzt, den Verwender wenigstens per App wählen lässt, ob zugleich geladen werden soll oder nicht. Leider können das nur die wenigsten LFP-BMS.
    • Auch der Wärmefluss innerhalb des Zellenpacks muss berücksichtigt werden, wenn was nützt es, wenn die Zellen außen warm sind, aber im Kern noch immer kalt? :/
    • Große Probleme treten bei Ladung aus Ladestromquellen geringer Leistung auf, wie z.B. Solarzellen oder kleine Windräder: Jedes Mal wenn morgens die Sonne aufgeht, beginnt die Leistungsentwicklung der Solarzellen erst mal ganz langsam. Ebenso wenn es abends dämmert, dann fällt die erzeugte Leistung schnell auf lächerliche Werte ab. Oder tagsüber bei stark bewölktem Himmel. Das führt dann dazu, dass oft gar nicht genug elektrische Leistung zur Verfügung steht, um die Heizfolien überhaupt entsprechend zu versorgen. Das BMS wird bei steigender Solarspannung bei Kälte also die Heizfolien einschalten, die dann mit 10 - 30W elektrischer Leistung an die Arbeit gehen wollen. Dabei bricht dann aber die Ladespannung augenblicklich zusammen, weil die erzeugte elektrische Solar- oder Windleistung schlicht zu gering ist, um die abgeforderte Leistung zu erbringen, mit der Folge, dass das BMS die Heizfolien sofort wieder abschaltet. Dann wird die Batterie aber nicht geheizt und - natürlich - auch nicht geladen. Blöd, besonders im Winter, wenn Solarleistung sowieso nur in homöopathischen Dosen zur Verfügung steht und man noch nicht mal mehr die nutzen kann. :wacko:

    Man sieht, ganz so einfach und genial wie einem die Hersteller solche Heizsysteme als Lösungen anbieten sind sie in der täglichen Praxis leider doch nicht. Dabei kann, zumindest mit kleinen (Solar-)Strömen relativ schonend auch bei Kälte geladen werden, ohne dass das Risiko besteht, gleich die Batterie zu ruinieren.


    Zwar biete ich auch (Ultimatron-)Batterien mit Heizung an, aber aus den genannten Gründen raten ich meinen Kunden oft von deren Kauf ab. D.h., meistens brauche ich nach einer sachkundigen Beratung gar keinen entsprechenden Ratschlag mehr zu geben, denn wenn die Kunden erst mal über die Zusammenhänger der o.g. Probleme informiert sind, wollen sie selbst meist gar keine mehr haben.


    Aber was ist die Alternative?


    Die Alternative ist die Akzeptanz einer beschleunigten Alterung bei Ladung bei Kälte, besonders wenn bei großer Kälte mit höheren Strömen geladen wird. Und so wird dann nicht jede LFP-Batterie mindestens 20 Jahre alt, sondern vielleicht nur 10 oder 15 Jahre. Da sich die Batteriepreise aber schon seit Jahren im freien Fall befinden, finde ich persönlich das auch nicht weiter schlimm. Aber das muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden.


    Ich wollte nur mal auf die mit Heizungen zu erwartenden Probleme hingewiesen haben.


    Grüße, Tom

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