Ladespannung

  • Hallo Tom,
    ich habe mal wieder eine Frage eher theoretische Frage.
    Die Ladespannung von Bleiakkus variiert zwischen niedrigen Werten für reine Ladeerhaltung und höheren Werten für Zyklenbetrieb. Soweit klar.
    Nur, was ändert sich durch die höhere Ladespannung? Wenn ich die Zusammenhänge richtig verstanden habe, ändert sich lediglich die Ladezeit.
    Meiner Ansicht nach laufen die Prozesse im Akku mit höherer Spannung schneller ab, sodaß eine zyklisch Belastete Batterie mit diesen höheren Spannungen in einem realistischen Zeitraum ausreichend hohe Ladezustände annimmt. Umgekehrt gedacht, sollte eine auch eine tief entladene Batterie mit Erhaltungsladespannung von, sagen wir mal 13,xV irgendwann einen Zustand erreichen, bei dem das komplette aktive Material umgewandelt ist und der Akku damit "voll" ist. Oder gibt es eine Art Untergrenze, unterhalb der eine vollständige Aufladung physikalisch unmöglich ist? Selbstverständlich vorausgesetzt, daß die angelegte Ladespannung höher ist, als die maximale Klemmenspannung des Akkus. Die Probleme, die sich durch zu hohe Spanung ergeben, sind mir bekannt, ebenso die Schwierigkeit, den Vollladezustand exakt zu definieren. Ebenso die Temperaturabhängikkeit der Ladespannung.
    Sind meine Überlegungen richtig, oder liege ich daneben? Es geht mir lediglich um das Verständniss der Abläufe im Akku, praktisch klappt alles soweit...
    Danke und Grüße Stephan

  • So ganz klappt die vollständige Aufladung eines sechszelligen Bleiakkus mit nur 13V Ladespannung leider nicht. Da ist zunächst die Leerlaufspannung des Akkus, die von der Säuredichte abhängig ist. Bei einer Leerlaufspannung von 13V beträgt die mittlere Zellenspannung eines sechszelligen Zellenverbundes 2,166V, was einer Säuredichte von etwa 1,3g/cm³ und damit einem Ladzustand von ungefähr 100% entspricht. Spätestens bei Erreichen dieser Leerlaufspannung würde also jede Elektronenbewegung mangels Spannung zum Stillstand kommen. Bevor es soweit ist, müssen wir uns aber noch mit ein paar unangenehmen Kleinigkeiten auseinandersetzen. So z.B. der Diffusion, die innerhalb von Bleiakkuzellen eine bedeutende Rolle spielt. Damit ein Stoff durch einen anderen hindurch diffundiert, muß er aber über eine Art Antrieb verfügen. Dieser Antrieb ist im Falle der Diffusion ein Konzentrationsgefälle. Mit einer Ladespannung von 13V im oberen Ladungsbereich eines sechszelligen Bleiakkus stellt sich aber beim besten Willen kein für Diffusionsprozesse ausreichendes Konzentrationsgefälle mehr ein. Das bedeutet, dass sich schon weit vor Erreichen einer Säuredichte von 1,3g/cm³ nichts mehr tut. Im weiteren macht uns die Sulfatierungsproblematik schon bei deutlich höheren Ladespannung einen Strich durch die Rechnung, weil von den bei entladenen Bleiakkus in verschiedenen Größen vorhandenen Bleisulfatkristallen nur noch die kleinsten - weil noch relativ reaktiven - Kristalle wieder in Blei und Bleidioxid zurückverwandelt werden können. Es wird also ein erheblicher Teil des Bleisulfates passiv zurückbleiben, wodurch der Akku auch nicht voll geladen werden kann. Diese relativ groben Bleisulfatkristalle sind nun aber ein großes Problem, weil sie sich in relativ kurzer Zeit zu immer größeren und damit immer weniger reaktiven Kristallen zusammenballen werden. Genau das ist der Grund, weshalb Bleiakkus regelmäßig mit der vorgeschriebenen Ladespannung voll geladen werden müssen. Es reicht also keinesfalls aus, nur dauerhaft 13V an einen sechszelligen (12V-)Bleiakku zu legen, um ihn gut versorgt zu wissen.


    Allen an den technischen Grundlagen interessierten kann ich nur den Erwerb des Buches "Moderne Akkumulatoren richtig einsetzen" von Andreas Jossen und Wolfgang Weydanz, ISBN 3-939359-11-4, 2066 erscheinen im Reichardt-Verlag, ans Herz legen.


    Grüße, Tom

  • Hallo Tom,
    ich hatte mit 13,xV schon an Spannungen jenseits 13,5V gedacht, wollte mich nur nicht auf einen bestimmten Wert festlegen.
    Wenn ich Dich richtig verstanden habe, setzt der zum vollständigen Laden nötige nötige Potentialunterschied zwischen Akkuklemmenspannung und Ladespannung
    aus dem zum in Gang sezten des Diffusionsprozesses erforderlichen und dem zum "brechen" der Bleisulfatkristalle nötigen Wert zusammen. Klingt logisch.
    Daraus folgt, das es eigentlich immer sinnvoll wäre, eine tief entladene Batterie mit höherer Ladespannung zu laden. Egal, ob sie ein mal entladen war oder oder das ständig durch zyklische Belastung geschieht. Oder gibt es einen (verhältnissmäßig niedrigen) Grenzbereich, ab dem die Ladespannung hoch genug ist?
    Spielt die Ladespannung wirklich keine Rolle für die Reaktionsgeschwindigkeit, vom durch sie verursachten höheren Strom mal abgesehen?


    Ich habe mir das von Dir empfohlene Buch bestellt. Ich kannte es dem Titel nach. Vielleicht klären sich damit einige Fragestellungen.


    Danke und Grüße Stephan

  • Sicher beschleunigt sich die Aufladung durch eine Erhöhung der Ladespannung. Genau auf diesen Effekt haben es die Hersteller von "Ladeboostern" ja auch abgesehen. :D Leider findet diese Beschleunigung aber gewisse Grenzen, einerseits in der ab etwa 14,8V verstärkt einsetzenden Gasung und Korrosion der positiven Platten und zum anderen wiederum in den Diffusionsvorgängen zwischen Aktivmassen und Elektrolyt, die sich durch Erhöhung des Potentialunterschieds leider nur begrenzt beschleunigen lassen.


    Allgemein bekannt ist, dass in Betrieb befindliche Bleiakkus in maximal vierteljährlichen Abständen mit erhöhter Ladespannung richtig durchgeladen werden sollten, um Sulfatierung und Säureschichtung vorzubeugen. Hierbei kann durchaus mit 14,7V für max. 10h geladen werden. Bei Gel-Akkus kann es nicht zur Säureschichtung kommen, weshalb man dort entweder die Ladespannung oder die Dauer solcher Starkladungen vermindern sollte.


    Die "beste" Höhe der Ladespannung ist letztlich immer ein Kompromis aus den gewünschten Wirkungen Desulfatierung und Elektrolytvermischung, sowie der Vermeidung der schädlichen Wirkungen Gasung und Gitterkorrosion. Sie schwankt je nach Nutzungsschema des Akkus (stand-by/zyklisch), der Akkutemperatur und dem Akkutyp. Ich selbst verwende regelmäßig Ladegeräte mit IU-Kennlinie und 14,4V Ladespannung, welche ich für ein bis vier Tage an meine Akkus angeschlossen lasse. Das hat sich über die Jahre für alle meine verschiedenen Akkus in unterschiedlichen Betriebsbedingungen als sehr brauchbare Universallösung bewährt, ohne das ich mir jeweils den Kopf über die beste Ladespannung zerbrechen müsste. Bei durch Selbstentladung entladenen Akkus begrenze ich die Ladezeit auf max. 48 Stunden, bei stark zyklisierten Akkus können es auch mal vier Tage werden. Den Erfolg sehe ich darin, dass ich seit vielen Jahren keine Akkus mehr entsorgen musste (von den tot angelieferten aus selbet erworbenen Gebrauchtwagen u.ä. mal abgesehen).


    Grüße, Tom

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