Battery-Mythbusters No.3: Gefährliche Ausgleichsströme zwischen vollen und leeren Batterien lassen Trenn-Relais durchschmoren



  • Frage: Was passiert, wenn man einen vollen und einen leeren Bleiakku parallel schaltet? Fließt dann ein "Ausgleichsstrom" vom vollen in den leeren Akku? Und wenn ja: Wie hoch ist der? :?:


    Antwort: Über dieses Thema ist schon unendlich viel gemutmaßt worden, nur gemessen hat offenbar noch nie einer. Also mal messen!


    Kleinen Versuchsaufbau gemacht, bestehend aus zwei Bleiakkus, je 12V/18Ah, einer randvoll, einer leer. Beide mit kurzen 4mm²-Kupferdrähten sehr verlustarm miteinander verbunden, es sollen ja möglichst keine Spannungsabfälle auftreten, die den Ausgleichsstrom künstlich vermindern. Ein dicker Kupferdraht wurde dann als Strom-Messwiderstand (Shut) verwendet, so dass bei 100A Stromfluss genau 100mV Spannungsabfall gemessen werden konnten. Das erlaubt eine hinreichend genaue Strommessung bei geringstmöglichem Spannungsabfall unter hohem Stromfluss. Folgendes wurde gemessen:



    Der Strom stieg beim Verbinden beider Batterien auf rund 40A und fiel dann innerhalb von 10 Sekunden auf 10A ab. Nach weiteren 60 Sekunden hatte sich der Strom auf knapp 4A eingependelt, wo er längere Zeit verharrte, um dann langsam immer weiter abzusinken. Von "verheerenden" Ausgleichsströmen, die Kabel zum glühen und Sicherungen zum schmelzen bringen war nichts zu bemerken. Statt dessen gleichen sich die Ladungen der beiden Batterien langsam aus. Allerdings nicht vollständig, sondern nur etwa zu 5 bis höchstens 10%. Für einen vollständigen Ladungsaugleich muss nämlich zusätzlich Energie zugegeben werden, weil der Ladefaktor bei Bleiakkus nur zwischen 1,1 bis 1,2 liegt.


    Fazit: Extrem hohe, zerstörerische Ausgleichsströme bei Bleiakkus sind ebenso selten, wie die Sichtung des Ungeheuers auf dem Loch Ness. Zwar fließt ganz kurz ein Strom von etwa der doppelten Höhe der Akku-Kapazität, aber dieser sinkt so schnell auf unbedenkliche Werte ab, dass man keinerlei Probleme zu befürchten braucht. Weder Sicherungen noch Trenn-Relais brennen dabei durch. Zumal bei Anlegen einer Ladestromquelle (z.B. der Lichtmaschine) gar kein Ausgleichsstrom fließt, sondern sich statt dessen nur der Ladestrom entsprechend der Ladezustände auf beide Batterien verteilt.


    Was ja auch gut so ist, denn die volle Batterie benötigt ja keinen Ladestrom. :P


  • ACHTUNG bei LITHIUM-Batterien (LFP, LiFePO4, LiFeYPO4 usw.)


    Inzwischen wird flächendeckend auf LiFePO4-Batterien umgerüstet. Hier stimmt das oben geschrieben NICHT! Denn weil LiFePO4-Batterien, anders als Bleibatterien, nahezu stahlhart in ihrer Spannungslage sind, steigt die Spannung einer mit hohem Ladestrom beaufschlagten Lithium-Batterie kaum an. Ganz anders als bei Bleibatterien, wo die Spannung unter hohem Ladestrom sofort 13V überschreitet, was deutlich oberhalb der Leerlaufspannung von Bleibatterien liegt und weshalb bei parallel geschalteten Bleibatterien ein eventuell hoher Umladestrom auch binnen Sekunden zusammenbricht. Umladeströme bei Lithium-Batterien sind da von gänzlich anderem Kaliber! Weshalb man Lithium-Batterien auch niemals mit Trenn-Relais zusammenschalten sollte, sondern stets strombegrenzende Maßnahmen wie z.B. Ladewandler verwenden muss.


    Grüße, Tom

  • Hallo allerseits und hallo Tom,

    ich bin hier neu und habe nicht vieles gelesen aber das war sehr verlockend, noch weiter rum zu schauen und so habe ich den Startbeitrag über die Ehrlichkeit von Forenbetreibern gefunden und genossen und fühlte mich hier noch richtiger.

    Schließlich dann den Beginn des Forums Bleiakkus wo erst mal drei sehr wichtige "Mythen" angesprochen werden.

    Schon der erste Mythos ist jedoch, wie ich finde, von Dir Tom nicht in allen wichtigen Aspekten beleuchtet und - wer weiß - vielleicht gar nicht richtig verstanden worden.

    Es geht um Ausgleichströme zwischen parallel geschalteten Akkus die zwischengeschaltete Trennrelais durchbrennen lassen können und das wird als Mythos dargestellt.

    Es ist aber nicht ergründet worden, wann besonders hohe Ausgleichströme fließen und wie diese wirken können.


    Es ist richtig: Das parallele Zusammenschalten von unterschiedlichen (auch einfach nur unterschiedlich geladenen) Akkus kann ein Moment sein, in dem es zum Stromfluß zwischen den Akkus kommt (vom einen zum anderen und ohne äußere Last oder Ladung). Die Ströme können einige Dutzend Ampere betragen und Betragsmäßig für kurze Zeit im Bereich der Ah-Kapazität der Akkus liegen - es ist auch richtig, daß dies für die meisten Relais gar nicht das Problem ist - Die Ströme sind zu niedrig und halten nicht lange genug an, um sie zu beschädigen.


    Auch das Laden dieser Akkus bringt ein Trennrelais eher nicht über seine Grenzen, obwohl es länger andauern kann, weil der Strom da i.d.R. noch kleiner ist.


    Aber was geschieht, wenn die gleichen Akkus mit einem Strom im Bereich der so genannten Anpassung gefordert werden?

    Anpassung liegt vor wenn man das Leistungsmaximum aus seinen Akkus holen will und der angelegte Lastwiederstand gleich dem Innenwiederstand der Akkus ist, so daß deren Spannung sich halbiert - typisches Beispiel ist ein Kaltstart eines Dieselmotors.


    Genau dann beginnen bei parallel geschalteten Akkus ungleichen Innenwiederstandes sehr große Ausgleichsströme zu fließen, zwischen denen ein verbindendes Trennrelais nichts zu suchen hat oder die Konsequenzen zu spüren bekommt.


    Der letzte Halbsatz beinhaltet die wirklich ehrliche Antwort: Wenn ein Trennrelais nicht vor Überlastung geschützt wird brennt es durch und eine Überlastung kann durch Ausgleichsströme, die zwischen unterschiedlich voll geladenen oder unterschiedlich großen Batterien unter hoher Last zu fließen beginnen, ausgelöst werden.


    Der vermeintliche Mythos wird in dem Moment wahr in dem ein Trennrelais so geschaltet ist, daß es die Trennung der Akkus vor dem Startvorgang aufhebt indem es sie schon beim Einschalten der Zündung verbindet.


    Es sind weder hohe Ausgleichsströme ein Mythos noch dadurch durchbrennende Trennrelais - das ist milionenfach vorgekommen.


    Als Mythos hat sich dann immer die eigene Unfehlbarkeit herausgestellt, von der man beim Einbau seines Zweitakkus und dessen Anschluß an die übrige Elektrik noch ausgegangen war.


    Die Ausgleichsströme kann man auch errechnen und das Durchbrennen des Relais ebenso ich habe das im Elektrotechnik-Kurs meine Studiums vor 35 Jahren mal an der Tafel vorgerechnet bekommen und bin zu faul geworden, das hier jetzt wiederzugeben - es nützt auch nichts - man lernt aus Erfahrung und ich habe mich an das im Studium gelernte auch erst erinnert, als mir die ersten Trennrelais durchgebrazzt sind (erst eins dann zwei parallel geschaltete und dann erst habe ich überlegt, was da eigentlich passiert...).


    Gruß Seb

  • Hallo Seb,


    ich bin einigermaßen verwundert über Dein Posting, das ich inhaltlich so nicht bestätigen kann. Zwar sind mir selbst vor gut 20 Jahren zwei massive Trenn-Relais von BOSCH im Zündspulenformat durchgebrannt, allerdings war in beiden Fällen die Wicklung schadhaft, nicht aber die Schaltkontakte. oO)


    Darauf hin habe ich dann entnervt meine Trenn-MOSFETs entwickelt und ganz nebenbei mein Gewerbe geründet und diese Geräte über 20 Jahre erfolgreich angeboten. Auch bei den Trenn-MOSFETs ist es kaum je zu Defekten im Leistungskreis gekommen, obwohl ich die Geräte durchaus mutig auch als notstartfähig angeboten habe: Wenn die Starterbatterie leer war, konnte man über einen Notstarttaster den Trenn-MOSFET hart überbrücken, so dass dann eine volle Zweitbatterie mit einer leeren Starterbatterie parallel geschaltet und zudem noch der Anlasserstrom des Motors durchgeleitet werden musste. Klar: Wenn man zu lange orgelte, sind auch 300A Trenn-MOSFETs irgendwann abgeraucht. Aber nur durch die Ausgleichsströme zwischen zwei Batterien? Das ist zumindest nach meinem Wissens nie vorgekommen.


    Erst als LiFePO4-Batterien aufkamen, waren weder Trenn-MOSFETs noch Trenn-Relais den hier fließenden Ausgleichsströmen gewachsen. Das liegt bei LiFePO4-Batetrien aber an deren "eisenharter" Klemmenspannung. Denn anders als bei Bleibatterien, ist einerseits der Innenwiderstand von LiFePO4-Batterien extrem niedrig und zum zweiten durch den bei Lithium-Systemen kaum noch erforderlichen osmotischen Ausgleich zwischen Innen- und Außenelektrolyt, der bei Bleiakkus schon kurz nach einem einsetzenden starken Stromfluss zu hoher Nachgiebigkeit der Klemmenspannung führt, hält der Lithium-Akku seine Spannung auch unter hoher Last dauerhaft stabil. Die Folge sind hier entsprechend hohe und lange andauernde Ausgleichsströme, die über die lange Wirkungszeit durchaus zu Schäden an Kabeln, Relais, Sicherungen und den Akkuzellen selbst führen können. Und natürlich auch an Trenn-MOSFETs, weshalb sich diese für solche Batterien auch leider nicht mehr eignen.


    Aber vielleicht habe ich ja wirklich nicht genau verstanden, was Du meintest. Mir ging es im Posting hauptsächlich um die in vielen Foren zu lesende Warnung, dass Trenn-Relais einfach durch unterschiedliche Ladezustände von Bleibatterien beim Zusammenschalten durchbrennen würden. Was ich wie beschrieben noch nie beobachten konnte.


    Grüße, Tom

  • Ich war zwar nur R+F Techniker der ohne diese dicken Ströme dafür aber mit Spannung im KV Bereich gearbeitet hat, könnte mir aber ein Abrauchen des Relais vorstellen.

    Bei Starthilfe für z.B. einen Diesel fliessen hohe Stöme, was jeder an der Erwärmung des Kabels merken kann. Ich kann mir sehr gut vorstellen das auch wenn die "Starthilfe Batterie" (zweit Batterie) im Fahrzeug über ein Trennrelais an die fast leere Starterbatterie geschaltet wird, über dieses Relais der Anlasserstrom von mehreren 100A fliest, was es sicher nicht gut findet.

  • Ja natürlich. Da können beim Anlassen schnell 1.000A und mehr durch das Relais fließen. Diese Ströme sind aber größtenteils dem Bedarf des Anlassers zuzuordnen. Die reinen Ausgleichsströme zwischen zwei Bleibatterie brechen binnen Sekunden auf völlig unschädliche Werte zusammen.

    Grüße, Tom

  • Moin,


    für den Ausgleichstrom gilt folgedes:


    Ia = delta U / (Ri1 + Ri2). mit Ia = Ausgleichstrom, delta U = Differenz der Spannungen und Ri = jeweiliger Innenwiederstand.


    Das ist idealisiert hinsichtlich der Verbindungskabel, Klemmen und in diesem Fall des Trennrelais, die dabei ohne Wiederstand angenommen werden.


    Ein Spannungsunterschied kann unter den idealisierten Bvedingungen natürlich an den Klemmen nicht mehr festgestellt werden - er müßte dann irgendwo mitten in den Gittern gemessen werden.


    In der Praxis sollte bei einer halbwegs gut angeschlossenen Anlage der Wiederstand von Massepol zu Massepol im Bereich von 1/10 Ohm liegen.

    Die Plusleitungen zuzüglich des Relais dürften mehr Wiederstand haben. Die Summe der Verbindungswiederstände könnte man in die Summe in der Klammer als Rv einfließen lassen. Dadurch reduziert sich der Ausgleichstrom dann.


    Delta U könnte bei einer sehr gesunden und vollen Zusatzbatterie und einer bis zur Startunfähigkeit runtergeorgelten Starterbatterie bis etwa 5 oder 6V

    erreichen. Die größte Unbekannte dürfte hier der Innenwiederstand der fast leeren Starterbatterie sein. Ist die Batterie noch gesund dann braucht er nicht

    sehr hoch sein - der der vollen Zusatzbatterie ist es sicher ebenfalls nicht.


    Wenn bei der Konstellation, die Toms obigem Diagramm zugrunde liegt, delta U bei gut zwei Volt lag (12,7V - 10,5V für eine volle und eine leere Batterie),

    dann ergäbe sich beim Anlegen einer großen Last durch das dann eher doppelt so hohe delta U ein etwa doppelt so großer Ausgleichstrom.


    Der könnte bei zwei 100Ah Batterien noch rund fünf mal größer sein als bei den gemessenen 18 Ah Batterien - also bei sehr niederohmiger Verbindung etwas in Richtung 400A.


    Daraus erklärt sich auch warum ein sofortiger Startversuch gleich nach dem Anschließen einer Starterbatterie oft erst mal scheitert: Das sind schon

    Ströme, die die Verbindungskabel fast auslasten und beim Starter kommt nicht mehr viel an.


    Auch, warum es oft scheitert, einer 120 AH Batterie mit einer 60 AH Batterie Starthilfe zu geben: Die 60Ah Batterie ist mit den Ausgleichströmen schon

    fast ausgelastet und beim Starter kommt nicht mehr viel an.


    Und die oft ungleich bessere Startleistung beim laufen lassen des Starthilfe gebenden Fahrzeuges und 2 - 3 minütigem anladen wird daraus auch verständlich - das sind Maßnahmen die die Spannungsdifferenz effektiv senken.


    Es wird ebenso verständlich, daß das Starthilfe geben oft bei Autos die nicht schon länger mit leerer Batterie rumstanden (wodurch sie einen stark vergrößerten Innenwiederstand bekommen) oft viel mehr Probleme bereitet als bei solchen wo die Batterie schon total sulfatiert ist : Im ersten Fall stellen sich hohe Ausgleichströme ein, wohingegen diese durch eine schon tagelang leere Batterie gar nicht zum Fließen kommen können.


    Ich halte das alles nicht für einen Mythos - aber Tom Du hast Recht: Zusammengereihte Worte können vom aufnehmenden völlig unterschiedlich interpretiert werden als sie gemeint waren und wir alle filtern da etwas raus und dichten etwas rein und schon hat man völliges Mißverstehen.


    Hut ab vor Deinen Erfahrungen und guten Ergebnissen - Du hast es wohl fast immer richtig gemacht und auch Deinen Kunden vermittelt, worauf es ankommt, wenn sie Deine MOSFETs einbauen und verwenden und wo Grenzen sind und Gefahren lauern.


    Aber deshalb denen, die - sicherlich häufig nicht ohne zusätzliche Starterströme durch ihr Trennrelais zu jagen - dieses zum Verglühen brachten,

    eine Mythenbildung nachzusagen halte ich für falsch.


    Ich glaube daß diese Ströme gelegentlich 30 - 50% des Startstroms erreichen können und sie fließen zusätzlich zu diesem.


    Gruß Seb

  • :D


    Ja natürlich, das ist im Grunde so.


    Nur fließen diese hohen Ströme - wenn sie denn mal fließen - bei Bleibatterien nur für so kurze Zeit, dass sie letztlich keine wirkliche Gefahr für Trenn-Relais darstellen. Denn die schädliche Wirkung (zu) hoher Ströme in Bauteilen ist die entstehende Wärme. Diese Wärme entwickelt ab einem gewissen Grade schädliche Wirkungen auf Materialien wie Leiter, Kontakte und Kunststoffgehäuse. Da aber insbesondere Metalle ein hohes Wärme-Aufnahmevermögen besitzen, können die selbst starke Überlastungen eine gewisse Weile auf diese einwirken, ohne sogleich zerstörerische Wirkungen zu bewirken. Und genau diese Zeitspanne der möglichen Überbelastbarkeit ist es, die im Zusammenspiel mit Bleibatterien noch nicht zu Schäden an den Relais führt, in Verbindung mit Lithium-Batterien aber doch. Denn bei letzteren fließen solche Ströme nicht nur in deutlich größerem Maßstab, sondern auch noch deutlich länger. Und in der Folge gibt es dort dann diese Schäden. Nur eben bei Bleibatterien nicht.


    Außer man orgelt zugleich noch für länger. Wobei dann die Zeit wiederum ins Spiel kommt.


    Grüße, Tom

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