Ladegeräte, Stufe "Recondition"

  • Hallo.
    Zunehmend haben Ladegeäte eine Stufe "Recondition". Da wird nach der Volladung etwas erhöhter Strom (so um die 1 bis 2 A) in die Batterie "gepresst", wobei die Ladespannung bis nahe 16 Volt ansteigen darf. Und das für die Dauer von einigen Stunden. Zweck der Übung ist, die Batteriesäure in die Gasung zu bringen und durch das "Blubbern" die Säureschichtung aufzuheben. Das funktioniert ja wohl auch. Die Säureschichtung hat ja bekannlich einige schädliche Folgen. Aber die "Überladung" zu der es dabei zwangsläufig kommt, doch auch! Versucht man da nicht den Teufel mit dem Belzebub auszutreiben? Oder wählt man da einfach nur das kleinere Übel?
    Was sagt der Fachmann?


    Helmut

  • Hallo Helmut,


    diese Ausgleichsladung hat, wenn sie nicht drei mal täglich über jeweils mehrere Stunden durchgeführt wird, durchaus segensreiche Wirkungen: Angleichung des Ladezustands der verschiedenen Batteriezellen, 100%ige Vollladung, Desulfatierung, Durchmischung des Elektrolyten.


    Die Nachteile sind Elektrolytverlust durch Gasung mit eventuellem Austritt von Schwefelsäure und Schädigung der Umgebung, Kapazitätsverlust durch Ausfallen von Aktivmaterial aus den Gitterplatten durch die Gasentwicklung, Gitterkorrosion durch überhöhte Ladespannung.


    Damit ist die Ausgleichsladung ein klarer Kompromiss zwischen positiven und negativen Wirkungen und es gilt, den optimalen Arbeitspunkt zwischen diesen beiden Seiten derselben Medaille zu finden. Dieser optimale Arbeitspunkt liegt, wie ich finde, bei stark zyklisch belasteten Akkus bei einer Ausgleichsladung pro Woche und bei Stand-By-Batterien bei vielleicht einer Ausgleichsladung pro Jahr. Alles was dazwischen liegt, ordnet sich sinngemäß in der Häufigkeit ebenso dazwischen ein.


    Grüße, Tom

  • Danke Tom.
    Das ist eine hilfreiche Aussage!
    Ich werde also für unseren Betrieb (ist so ein Mittelding zwischen standby und zyklisch - Akkus hängen ständig "arbeitlos" am Ladegerät und werden ca. 10mal jährlich mehr oder minder stark entladen) dann also die "Recondition" einschalten, sodaß sie bei jeder neuen Aufladung (wie gesagt, 10 mal im Jahr) durchlaufen wird. (Bei unseren Gerät kann ich wählen, ob mit oder ohne).


    Beste Grüße
    Helmut

  • Dieser optimale Arbeitspunkt liegt, wie ich finde, bei stark zyklisch belasteten Akkus bei einer Ausgleichsladung pro Woche und bei Stand-By-Batterien bei vielleicht einer Ausgleichsladung pro Jahr. Alles was dazwischen liegt, ordnet sich sinngemäß in der Häufigkeit ebenso dazwischen ein.

    Über die Häufigkeit bin ich jetzt doch etwas überrascht, hätte ich nicht mit gerechnet. Meine knapp 8 Jahre alte Batterie hat nun nach zwei Jahren Standheizung den Dienst quittiert. Den Rekonditionierungsmodus habe ich dabei nie verwendet, nur eben die angepasste Ladespannung für den Winterbetrieb.


    Hätt ich das wohl mal gemacht :D Wobei nach 8 Jahren darf sie ja ruhig mal kaputt gehen. Davor kannte sie nur Kurzstrecke ohne je nachgeladen worden zu sein.


    Wie immer: Vielen Dank für Deinen unermüdlichen Einatz, Tom!

  • Hi Tom,
    hierzu noch eine Frage, die Aussagen dazu sind ja sehr unterschiedlich. Brauchen AGM bei entsprechender Nutzung (gerade die sind ja i.d.R. zyklisch belastet), ebenfalls eine Rekonditionierung oder eben gerade nicht?


    Grüße,
    Thorsten

  • Ich will jetzt nicht über meinen Wissensstand hinaus spekulieren, aber so wie ich es sehe, gilt die Sulfatierungsproblematik für alle Bauformen von Bleiakkus gleichermaßen. Zwar widerstehen AGM-Akkus durch ihre "gepresste" Bauart, in der die Bleigitterplatten zwischen Glasvliespackungen mechanisch festgehalten werden, dem Verschleiß durch Herausfallen von Aktivmaterial aus den Gittern (Shedding) besonders gut. Die mit zunehmender Größe inaktiv werdende Bleisulfatkristalle bilden sich bei AGM-Akkus aber ebenso wie in allen anderen Bauformen. Diese übergroßen Kristalle sind unerwünscht und müssen daher regelmäßig zurückgebildet werden, was am besten durch relativ langanhaltende Aufladung mit Konstantspannung zu erreichen ist. Insofern gilt der Tipp einer regelmäßigen "Ausgleichsladung" natürlich auch für AGM-Akkus.


    Wenn ich über die Jahrzehnte eines beim Umgang mit Bleiakkus lernen konnte, dann ist es die überaus positive Wirkung regelmäßiger Aufladungen bei zyklisch beanspruchten Akkus. Wobei natürlich immer Vollladungen gemeint sind. Das darf man nicht verwechseln mit dem bloßen Aufleuchten der "Voll-LED" am Ladegerät. Die LED sagt nämlich nur, dass der Ladestrom sehr stark abgesunken ist, aber nicht, ob der Akku wirklich voll aufgeladen ist. Nur die wirkliche Vollladung ist aber wirksam gegen Sulfatierung und sulfatierungsbedingte Ausfälle.


    Grüße, Tom

  • Tom befasst sich hier nur mit der Frage, ob eine Ausgleichsladung bei AGM-Akkus gegen Sulfatierung hilfreich wäre, nicht aber ob sie hier überhaupt zulässig wäre. Dazu schreibt ein Fachbuch:
    "Verschlossene Batterien dürfen keiner Augleichsladung ausgesetzt werden. Durch die dabei entstehende Gasung würden sie zerstört".
    Also: Keine "Recondition" bei AGM-Batterien.


    Helmut

  • Mit "Ausgleichsladung" ist hier wohl eine Ladung unter Gasungsbedingungen gemeint. Eine solche Ladung ist eigentlich nur zum "Ausgleich" einer eventuellen Säureschichtung in Bleiakkus mit flüssigem Elektrolyten gedacht, indem die aufsteigenden Gasbläschen den Elektrolyten durchmischen. Da Gel- bzw. AGM-Akkus keinen flüssigen Elektrolyten besitzen, kann dieser durch Gasung auch nicht durchmischt werden, was eine Ladung unter Gasungsbedingungen sinnlos macht. Mit Sulfatierung hat das aber nichts zu tun.


    Die "Recon"-Ladestufe mancher programmgesteuerten Ladegeräte meint aber wohl etwas anderes, nämlich phasenweise Ladung mit etwas erhöhter Spannung. Damit soll in der Tat Bleisulfat abgebaut werden, was aber nur bei leichter Sulfatverdichtung hilft, weil die Ladespannung dafür eigentlich zu niedrig ist. Der sonst einsetzenden Gasung ist's geschuldet, denn die soll ja eben vermieden werden.


    Grüße, Tom

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