Brauchen LiFePO4-Batterien eine extra Erhaltensladespannung beim Laden?

  • Immer wieder kommt bei Ladegeräten oder Ladeboostern die Frage auf, ob LiFePO4-Batterien eine extra Erhaltensladespannung brauchen, bzw. es wird meistens sogar stillschweigend davon ausgegangen, dass dem so sei. Das stimmt aber nicht, denn bei LiFePO4-Akkus kann die Ladesschlussspannung auch dauerhaft an der Batterie anliegen, ohne dass diese hierdurch geschädigt wird.


    Der Grund ist simpel: LiFePO4-Akkus sind völlig anders (und zwar sowas von völlig anders...) aufgebaut als Bleiakkus, so dass für sie auch komplett andere Betriebsvorschriften gelten. So gibt es bei LiFePO4-Akkus z.B. keine Sulfatierung wie bei Bleiakkus, die entsprechend auch nicht durch eine kurzzeitig erhöhte Ladespannung abgebaut werden müsste. Auch gibt es bei LiFePO4-Akkus weder Gitterkorrosion, noch die bekannte Gasungsschwelle wie bei Bleiakkus, so dass man zu deren Vermeidung die Erhaltensladespannung auch nicht abzusenken braucht.


    Jetzt gibt es aber Stimmen, die sagen, es könne aber doch für den Akku nicht gut sein, wenn er dauerhaft im Bereich der Ladeschlussspannung gehalten wird, weil doch dessen empfohlene "Lagerspannung" von 3,2V/Zelle eine deutlich niedrigere ist, als die 3,6V/Zelle Ladeschlussspannung. Ja, das stimmt natürlich, nur sollte man sich überlegen, was genau man mit dem Akku vor hat: Will man ihn wirklich "lagern", also ohne Benutzung aufbewahren? Nur in diesem Fall bringt es tatsächlich einen Gewinn an Lebensdauer, wenn man die Zellenspannung auf 3,2V bringt und den Akku dann kühl und trocken einlagert. Er erreicht dann in der Tat eine maximale Lagerfähigkeit.


    Im normalen Betrieb liegen aber völlig andere Verhältnisse vor! Hier müssen die Akkus in der Lage sein, auf Knopfdruck möglichst die volle Kapazität abgeben zu können. Das funktioniert natürlich nur, wenn sie zuvor auch voll aufgeladen werden. Würde man hier 3,2V Lagerspannung anwenden, wären die Zellen aber höchstens zur Hälfte gefüllt. Dafür wird man sich kaum einen großen und teuren LiFePO4-Akku gekauft haben und diesen Klotz die ganze Zeit mit sich schleppen.


    Man muss sich auch überlegen, dass der Akku bei einer Absenkung der Ladeerhaltensspannung deutlich unterhalb der Ladeschlussspannung danach immer ein Stück weit entladen würde, bevor das Ladegerät wieder Ladestrom nachliefert: Die Ladeschlussspannung bei vierzelligen LiFePO4-Batterien beträgt 14,6V. Die verbreitet von Ladegeräten benutzte Erhaltensladespannung liegt aber bei 13,8V. Das sind immerhin 0,8V Spannungsunterschied und um diese 0,8V würde die vierzellige Batterie nach Umschaltung auf Erhaltensladung erst entladen werden müssen, bevor das Ladegerät bei Versorgung mit "Landstrom" die Versorgung der Verbraucher wieder übernimmt. Hier würde also eine völlig unnötige Zyklisierung der Batterie erfolgen, die Lebensdauer kostet! Zudem würde sich wie erwähnt die verbleibende Restkapazität vermindern.


    Daher mein Tipp:


    Laden Sie Ihre "LiFePOs" also ruhig randvoll auf und halten Sie die Ladeschlussspannung dauerhaft aufrecht, wenn Sie zugleich das Bordnetz über das Ladegerät versorgen möchten. Das schadet den LiFePO4-Akkus nicht! Wenn sie voll aufgeladen sind, nehmen sie von sich aus keinen weiteren Ladestrom mehr auf. Eine "Überladung" kann bei Ladung mit Konstantspannung (IU-Kennlinie) also gar nicht stattfinden und Ihre LiFePOs stehen Ihnen stets mit voller Leistung zur Verfügung. Auch wenn auf diese Weise die Akkusspannung deutlich über der empfohlenen Lagerspannung liegt, wird die im Betrieb erreichbare Lebensdauer von etwa 10 Jahren nicht spürbar verkürzt. Im Gegenteil: Denn dadurch dass nun die unnötige Zyklisierung vermindert wird, erhöht sie sich sogar. Und das bei stets voller entnehmbarer Kapazität der LiFePO4-Batterie. :)


    Übrigens entladen sich LiFePO4-Zellen deutlich langsamer von selbst als Bleiakkus das tun. Die Ladung bleibt meistens über mehrere Jahre erhalten. Zwar sinkt der Ladezustand bei voll geladener Batterie relativ schnell auf 80% ab, ab diesem Punkt sinkt er aber nur noch langsam weiter ab. Hohe Temperaturen beschleunigen die Selbstentladung, niedrige verlangsamen sie.


    Grüße, Tom

  • guten abend, tom

    sie es mir bitte nach, wenn ich in teilen eine abweichende meinung vertrete.


    wenn man sich den ladevorgang einer lifepo4 ansieht, dann stellt man fest, daß spätestens 2 oder 3 stunden

    nach dem laden der einzelzelle mit 3,65V oder 3,6V sich die zelle auf 3,4x V eingependelt hat .

    eine erhaltungsladung in höhe der ladeschlußspannung wäre letzlich streß für die batterie.


    wer seine batterie liebt und eine lange ehe mit seiner batterie anstrebt, sollte diese also mit maximal 3,5V oder

    3,45V laden. der Verlust an Kapazität ist marginal und die batterie wird es danken.

    das macht individuelle netzteile erforderlich , da häufig die standardnetzteile an die grenzen gehen.


    viel wichtiger für die kapazität, die die batterie liefert, ist ein aktives balancing .

    je älter und je mehr sich die restkapazitäten der einzelzellen im paket spreizen, desto wichtiger wird

    das aktive balancing. diese dinger zeigen ihr wirken heute über BT apps oder auch am PC.

    das hat nichts mit den passiven balancern in einem klassischen BMS zu tun .

    da wird letztlich energie vernichtet , beim aktiven hingegen verschoben.


    ich hoffe auf eine angeregte diskussion.

    norbert

  • Hallo Norbert,


    im Prinzip beschreibst Du das mit der Lebensdauer und den Spannungen völlig richtig. Für ausgesprochen lang anhaltende Dauerladungen wie z.B. bei manchen Solaranlagen war mein Hinweis auch nicht gedacht. Das habe ich vielleicht nicht deutlich genug herausgestellt.


    Mir geht es um den normalen Betrieb von LiFePO4-Batterien z.B. in Wohnmobilen, wo Ladeprogramme und Ladeschlussspannungen von Ladeboostern und Ladegeräten sinnvoll gewählt werden müssen und dann oft die Rede davon ist, dass man aus Gründen der Batterielebensdauer unbedingt eine Erhaltensladung mit stark verminderter Erhaltensladespannung und komplizierte Ladeprogramme benötigen würde. Hier wird ja nicht bis zum St. Nimmerleins-Tag geladen, sondern zumeist höchstens mal für ein paar Tage am Stück, oft sogar nur für einige Stunden. Für diese kurzen Ladezeiten bringt es aber praktisch keinen Gewinn an Lebensdauer, wenn man die Ladespannung reduziert. Statt dessen bekommt man aber regelmäßig Probleme mit dem BMS, weil die Ladezustandskontrolle nicht mehr richtig arbeitet und der Ladezustand der Batterie nach teilweisen Entladungen falsch angezeigt wird. Und dann klingelt hier wieder das Telefon... :wacko:


    Ich bin aber ohnehin der Meinung, dass dem Verschleiß von Lithium-Akkus bei hohen oder niedrigen Spannungen meist mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird, als die Sache selbst eigentlich wert ist. Denn es hat sich offenbar herumgesprochen, dass es bestimmte Lagerspannungen für Lithium-Akkus gibt, bei der sie sich besonders wohl fühlen und nun scheint eine große Zahl von Anwendern zu glauben, dass sie sich bei anderen Spannungen entschieden "unwohler" fühlen und dann schnell kaputt gingen. Schaut man aber nach den Verschleißgründen von Lithium-Akkus in der Praxis, findet man bei den Frühausfällen hauptsächlich Falschbehandlung (Stauchungen, Krafteinwirkung auf die Zellenpole, Kurzschluss, Temperaturen zu hoch oder zu niedrig, völlig falsche Betriebsparameter), Überlastung (zu hohe Lade- und Entladeströme) und allgemeine Überschreitung der zulässigen Betriebsdaten. Ich beziehe mich an dieser Stelle allerdings auf Li-Ion- und LiPo-Akkus, weil die LiFePO4-Zellen ja erst seit kurzer Zeit ausreichende Verbreitung gefunden haben und mir persönlich auch noch überhaupt keine(!) LiFePO4-Ausfälle bekannt geworden sind (außer wenn DHL mal wieder eine Lieferung hingeschmissen hat und sie dadurch stark verbeult wurden, aber selbst dann funktionieren sie in der Praxis noch verblüffend problemlos). Bei den etablierten Lithium-Systemen findet man jedoch weit überwiegend die völlig natürliche "kalendarische Lebensdauer" als Ursache für den Leistungs- und Kapazitätsabfall bei den Gerätebatterien (damit sind die Batterien gemeint, die fest eingebaut sind) und Überlastung und mangelhaftes Cellbalancing bei den im Modellbau verwendeten LiPo-Zellen. Langanhaltende Versorgung am oberen Bereich der zulässigen Zellenspannung gehört aber zumindest meiner Erfahrung nach eher nicht zu den verbreiteten Ausfallgründen von Lithium-Akkus.


    Allerdings war auch schon zu "Bleiakku-Zeiten" ein verbreiteter Hang zu besonders strengen akademischen Betrachtungen der Ladespannung zu beobachten. Ganz offenbar ist die Ladespannung ein besonders gut verständlicher Parameter für "Batterie-Laien", wenn ich das an dieser Stelle ein wenig genervt bis süffisant bemerken darf, denn seit jeher drehen sich die Diskussionen der Akku-Jünger um "die richtige" Ladespannung für Blei, AGM und GEL-Akkus. Oder wie ich schon vor Jahren mal ätzte: Um die richtige Spannung für rote, grüne und blaue Akkus... 8o


    Grüße, Tom

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