Ladezustandsanzeige des Daly Smart-BMS zeigt noch 52%, aber die Batterie ist mit unter 10,8V Restspannung praktisch leer. Was ist da los??

  • Hallo lieber Herr Rücker,

    ich war letzte Woche mit meinem Wohnwagen und meiner autarken Stromversorgung Skifahren.

    Eine Komplikation mit meinen Akkuzellen zwingt mich zur Nachfrage.

    Mein Bluetooth BMS zeigt noch 52% Kapazität allerdings nur noch Spannung in den Zellen von 2,7 Volt … Ich habe einen Ective Wechselrichter und betreibe damit hauptsächlich eine Filterkaffeemaschine die 800 W zieht. Der Wechselrichter ist auf Störung gelaufen und damit kein Kaffee….

    An was kann es liegen?

    Mit Generator habe ich 1 Stunde geladen, bin wieder bei Spannung 3,2 bei 65% und alles ist wieder gut?

    Wie kommt es zu diesem Spannungsabfall? Ohnehin habe ich den Eindruck, dass das Spannungsabfall bei diesen Zellen recht schnell einsetzt. Kann aber auch nur ein Eindruck sein. Normalerweise ist doch ein Qualitätsmerkmal von Lifepo 4 dass sie bis nahezu 20% ohne Spannungabfall zu nutzen sind.


    Haben Sie Antworten? Bringt eine Aufstockung auf noch größere Batterie was?


    Herzliche Grüße aus dem Schwarzwald


    Gundolf

  • Hallo,


    das von Ihnen geschilderte Problem liegt an einer groben Falschanzeige des SOC ("State Of Charge", gemeint ist der Ladezustand) bei kleinen Strömen. Der SOC wird noch immer mit 52% angezeigt, während die Zellenspannungen schon bei nur noch 2,7V liegen, die Batterie also erkennbar komplett leer ist. Hierzu muss man wissen, dass man den Ladezustand einer LiFePO4-Batterie nicht direkt messen kann, da die direkte Auswertung der Batteriespannung so gut wie keine Aussagen auf die Größe des Ladezustands zulässt (siehe Kennlinie weiter unten).


    Aus diesem Grund muss der Ladezustand durch Saldierung (aus dem Kaufmännischen: Verrechnen von Aktiv- und Passivseite einer Bilanz) der zufließenden und abfließenden Ladung ermittelt werden, genauso wie bei einem Bankkonto der Kontostand im Großen und Ganzen auch an den Mengen des zufließenden und abfließenden Geldes ermittelt wird. Allerdings tritt bei Ladezustandsanzeigen in BMS gegenüber denen in Batteriecomputern oftmals ein Problem auf, nämlich die untere Grenze der Stromauflösung des BMS:


    Es löst keine Ströme unterhalb von etwa 1A auf!


    Das bedeutet, dass alle Lade- oder Entladeströme, die unterhalb dieser Schwelle liegen, nicht in die saldierend arbeitende Ladezustandsanzeige mit einfließen, weil das BMS bei Strömen unter 1A stets 0A misst, was natürlich falsch ist! Wenn Sie z.B. eine voll aufgeladene 100Ah-Batterie 8 Tage lang konstant mit 0,5A Strom entladen, haben Sie 8 x 24h lang 0,5A = 96Ah entnommen. Die Ladezustandsanzeige eines BMS wird dann dennoch fälschlicherweise noch immer einen Ladezustand von nahezu 100% anzeigen, obwohl die Batterie praktisch fast leer ist, weil das BMS die ganze Zeit über wegen der Auflösungsgrenze nur 0A Entladestrom gemessen hat. Ich vermute, dass genau dieses Problem bei Ihnen aufgetreten ist.


    Warum ist das so?


    BMS (Battery Management Systems) müssen auch sehr hohe Ströme wie z.B. Kurzschlüsse sicher detektieren können, bei denen problemlos 5.000A und noch viel mehr fließen können, damit sie im Kurzschlussfall die Batterie schnell und sicher abschalten können. Der interne Mess-Shunt des BMS muss also auch solche hohen Ströme beschädigungsfrei überstehen können. Dazu muss er vom Widerstand her sehr klein ausgelegt werden. An solchen sehr kleinen Widerständen fällt aber bei kleinen Strömen nur eine winzige Spannung ab (U=IxR), die sich nur noch sehr schwer genau messen lässt.

    Man kann dieses Problem in etwa mit dem Versuch vergleichen, in größerem Abstand noch eine Zeitung zu lesen:



    Bild oben: Auflösungsprobleme sehr kleiner Messgrößen: Vergrößerung hilft wegen der entstehenden Unschärfe nur sehr begrenzt


    Hierzu gibt es zwei Lösungsansätze:


    1. Die Ladezustandsanzeigen von BMS sind im unteren Bereich prinzipbedingt stark ungenau, da diese wie erwähnt immer gewisse systemische Schwächen aufweist. Es handelt sich bei einer SOC-Anzeige (State Of Charge) üblicherweise auch nicht um eine Messung, sondern immer nur um mehr oder weniger passend errechnete Werte, anhand der protokollierten Stromflüsse. Denn man kann den Ladezustand einer LiFePO4-Batterie aufgrund ihres sehr unlinearen Spannungsverlaufs leider nur sehr unvollkommen durch Messung der Spannung ermitteln. Wollte man also genau wissen, wie viel Energie noch in einer Batterie steckt, müsste man sie komplett entladen und die dabei entnommene Kapazität messen, um auf diese Weise feststellen zu können, wie viel Energie sich noch zu Beginn der Messung in der Batterie befunden hat. Das ist natürlich keine praxisnahe Messmethode, weil danach die Batterie naturgemäß leer ist und diese Messung viel zu lange dauert. :P Aber dann hätte man wenigstens ein genaues Messergebnis. Alles andere ist nur eine mehr oder weniger zutreffende Schätzung.


    Man kann sich allerdings dadurch helfen, indem man nicht nur auf die Ladezustandsanzeige der Smartfon-App schaut, sondern auch auf die Batteriespannung. Denn auch wenn sich diese im Bereich zwischen 8 und 95% Ladezustand nur sehr wenig ändert (weshalb man in diesem Ladungsbereich die Spannung auch nicht wirklich auswerten kann), fallen krasse Abweichungen zum angezeigten Ladezustand doch sofort durch mangelnde Plausibilität auf, wenn die Batterie ganz leer oder ganz voll ist.


    2. Die Ladezustandsanzeige des ansonsten hervorragenden Daly-BMS arbeitet mit der aktuellen Firmware unter den oben geschilderten Umständen langanhaltend fließender niedriger Ströme nicht sehr gut. Ich stehe zwar sei längerem mit dem Hersteller zwecks Verbesserung (u.a.) dieses Problems in regelmäßiger Verbindung, kann allerdings noch nicht absehen, wann sich hier wirkliche Verbesserungen einstellen werden. Die Mühlen arbeiten bei chinesischen Anbietern bei solchen Problemen zuweilen langsam.


    Aus diesem Grund empfehle ich, jedenfalls wenn Sie eine einigermaßen zuverlässige Ladezustandsanzeige benötigen, zusätzlich noch einen Batteriecomputer mit eigenem Messshunt einzusetzen. Da der Messshunt eines externen Batteriecomputers keine ultrahohen Kurzschlussströme messen können muss, kann er vom Widerstand her deutlich größer ausgelegt werden, wodurch sich auch im Bereich kleiner Ströme noch sehr brauchbare Messwerte ergeben, so dass dessen Saldierungsleistung auch mit kleinen Strömen deutlich besser funktioniert als beim BMS selbst.


    Man merke sich:

    Wenn der Ladezustand unplausibel erscheint: Schauen Sie nach der Batteriespannung bzw. nach den Zellenspannungen!


    Liegt die Spannung einer vierzelligen LiFePO4-Batterie ohne Last deutlich unter 12,8V, Ist der Entladeschluss in Kürze absehbar, die Batterie also bereits stark entladen! Die tatsächlich noch entnehmbare Restkapazität dürfte in diesem Fall deutlich unter 10% liegen. Unter 11,5V ist die Batterie leer!


    Grüße, Tom

  • Hallo, die Stromauflösung kann mit der PC Software "Sinowealth BMS Tool Setup V0.2" angepasst werden. Der Mess Shunt hat eine Toleranz am null Ampere Punkt von ca. 200 mA. Ich habe mit einer Stromauflösung von 220 mA gute Erfahrungen gemacht. Genauer wird es mit dem Daly 4S 100A leider nicht.

    Grüße

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