Hallo Gernot,
diese Fragen sind diejenigen, die hier von LiFePO4-Anfängern am häufigsten gestellt werden. Es gibt auch schon mehrere Antworten darauf, daher hier nur in Kürze:
LiFePO4-Zellen haben einen sehr geraden Spannungsverlauf, der nur am Ende der Entladung bzw. an Ende der Aufladung" senkrecht geht", wie ich das immer nennen. Hier die Grafik dazu:
Wenn die Zellenspannung beim Laden 3,45V überschreitet, wird sie sehr schnell weiter ansteigen, bis das BMS den Ladestrom dann bei Erreichen der eingestellten Ladeschlussspannung (meist 3,65V) abschaltet. Nun muss man sich aber vor Augen halten, dass die vier Zellen einer 12V-LiFePO4-Batterie alle vier kaum je exakt dieselbe Kapazität haben werden. Die eine hat vielleicht 100%, die nächste 99%, die dritte vielleicht 102% usw. Das sind die völlig normalen fertigungsbedingten Unterschiede zwischen den Zellen. Da aber in einer Reihenschaltung alle Zellen zwangsläufig exakt denselben Ladenstrom bekommen, steigt der Ladezustand aller Zellen auch gleichmäßig an, nur dass eben die Zellen mit etwas kleinerer Kapazität als erste diesen Bereich der stark ansteigenden Zellenspannung erreichen werden.
Der interne Balancer des BMS versucht die so entstehenden Spannungsunterschiede beim Laden auszugleichen, kann dies aber aufgrund seines kleinen Ausgleichsstroms nur sehr langsam. Daher ist er auch nicht in der Lage, diese durch die Kapazitätsunterschiede bedingten, beim Laden zwangsläufig entstehenden Spannungsunterschiede auszugleichen. Zudem arbeitet ein passiver Balancer, wie er in BMS eingebaut ist, nur innerhalb der Zeit, während der ein Ladestrom fließt, nicht jedoch in den Ruhezeiten, was seine Wirksamkeit in diesem oberen Ladungsbereich zusätzlich einschränkt.
Kurz: Dieses Verhalten ist also völlig normal und kein Grund zur Beunruhigung.
Auch die Statusmeldung des BMS, dass die Spannung dieser oder jener Zelle "hoch" sei, ist keine Fehler-, sondern einfach nur eine Statusmeldung. Ebenso könnte das Auto beim tanken melden, dass der Tank nun "voll" sei. Kein Grund sich sofort zu Boden zu werfen und die Hände schützend über dem Kopf zu verschränken: Da wird nichts explodieren, die Batterie ist einfach nur voll aufgeladen.
Der Aktivbalancer-Schalter unten im Menü der App bezieht sich auch nur auf einen eventuell angeschlossenen Daly-Equalizer, den Du nicht hast. Entsprechend gibt es dort für Dich auch nichts einzustellen. Diese App-Funktion ist leider etwas mangelhaft dokumentiert und daher sehr missverständlich, weil es fast jeder zunächst als Bestandteil des normalen Daly-BMS missversteht. In Wirklichkeit kann man diese extern erhältlichen Daly-Equalizer nur auch mit Bluetooth-Transceivern versehen, an denen dann gar kein BMS sondern nur der Equalizer angeschlossen ist und dann funktioniert diese App eben mit dem Equalizer und genau dieser Funktion. Nur dass der ganze Rest der App, die ja nur das BMS selbst betrifft, beim Equalizer wiederum komplett funktionslos ist. Eine Extra-App für den Equalizer wäre sicherlich weniger verwirrend gewesen...
Fazit:
1. Gegen die beim Laden im oberen Spannungsbereich auffallend stark auseinander driftenden Zellenspannungen kann und braucht man nichts zu unternehmen. Das ist bei jeder mehrzelligen LiFePO4-Batterien genauso, außer man hat eine Batterie mit sehr sorgfältig selektierten Zellen exakt gleicher Kapazität vor sich, was sich aber aus Kostengründen nur zur Vermeidung dieses auffälligen Drifteffekts bei Erreichen der Vollladung nicht lohnt.
2. Nicht von den App-Entwicklern verwirren lassen, wegen des Menüpunkts "Aktiver Ausgleich", der nur in Verbindung mit Daly Equalizern funktioniert.
Grüße, Tom