"Zu früh abwerfen" meint, dass die Ladespannung zu früh abgeschaltet oder abgesenkt wird.
Die Vollladung eines Bleiakkus wird in der Technik so definiert, dass der Akkus als voll geladen anzusehen ist, wenn der Ladestrom auf weniger als 1% der Nennkapazität abgesunken ist.
So zumindest die offizielle Definition. Dass diese gewisse Schwächen hat, wird schon daran offensichtlich, dass hier mit der Nennkapazität als Verhältnisgröße gearbeitet wird, obwohl die Nennkapazität eher ein theoretischer Wert ist. Nicht selten sind Akkus in Betrieb, die kaum noch die halbe Nennkapazität aufweisen und dann stimmt die Definition schon mal vorn und hinten nicht mehr.
Es kommt aber noch ein anderer Punkt erschwerend hinzu: Schon wenn Bleiakkus sehr langsam entladen werden, also z.B. mit weniger als 1% ihrer Kapazität pro Stunde, passt die o.g. Definition auch nicht mehr, weil der Akku dann auch nach Abschaltung bei Unterschreitung von 1% Ladestrom bei weitem noch nicht voll geladen ist. Die intern gebildeten Strukturen im Aktivmaterial sind dann bereits so grob, dass die Aufladung merklich länger dauert. Wird nun die Aufladung gemäß der offiziellen Definition beendet, verbleibt ungeladenes Bleisulfat im Akku und es kommt unweigerlich nach kurzer Zeit zur Sulfatierung, sprich es bilden sich aus dem ungeladenen Material immer gröbere Kristallstrukturen, die sich immer schwerer laden lassen. An diesem Punkt kommt man mit den ganzen programmgesteuerten Ladern einfach nicht mehr weiter.
Ich bezweifle auch sehr, dass die Geräte tatsächlich gemäß deiner Beschreibung arbeiten, denn wenn das so wäre, müsste die Ladespannung bei der Ladung mit 0,3A Konstantstrom ja immer weiter ansteigen, wenn der Akku die 0,3A nicht unterbringen kann. Genau das ist aber m.W. nicht der Fall. Und mit den 13,6V Erhaltensladespannung ist einer Sulfatierung natürlich nicht beizukommen. Es braucht hier schon deutlich über 14V, eher um die 14,4V. Die dürfen natürlich nicht zu lange anliegen, weil sonst die negativen Nebenwirkungen wie Gitterkorrosion überhand nehmen. Dann spricht man von Überladung.
Weshalb ich von dieser Programmsteuerung inzwischen nichts mehr halte. Solche Lader eignen sich natürlich sehr gut als Tischlader, wenn man sie neben einen zu ladenden Akku legt und dann das Ladeprogramm startet. Der Akku sollte dann aber auch möglichst einwandfrei und nicht sulfatiert sein. Sobald der Akku bestimmte Zipperlein aufweist, springen diese Lader regelmäßig zu früh auf "Voll" und beenden die Ladung vorzeitig. Sicher, oft gingen noch 20 oder 30% mehr Ladung in einen im Alltag ansulfatierten Akku hinein, aber das wird durch die Befolgung der 1%-Regel sicher verhindert. Ich sehe auch keinerlei praktische Vorteiler einer IUoU-Ladung gegenüber einer vernünftig durchgeführten IU-Ladung, außer dass dem potentiellen Käufer suggeriert wird, das "IUoU" besser ist als "IU".
Mich erinnert das an den alten Megahertz-Wettbewerb bei PCs, wo 500MHz auch immer besser war als 300MHz. Zum Verkaufen gibt es auch nichts besseres als solcherart selbsterklärende Produkteigenschaften. Bis der Prozessorhersteller Intel das seinerzeit messerscharf erkannt hat und dann folgerichtig billig zu produzierende Prozessoren entwickelte, die zwar deutlich mehr Megahertz schafften also die der Wettbewerber, aber letztlich weniger echte Rechenleistung. Tja, so funktioniert Marketing.
Zur Beseitigung des im normalen Betrieb entstehenden groben Bleisulfats braucht es Ladespannung! Man begibt sich hier ein einen Bereich voller Kompromisse: Weniger Ladespannung schont die Gitter, lässt aber das grobe Bleisulfat unangetastet. Mehr Ladespannung beginnt das grobe Bleisulfat aufzuspalten, knabbert aber gleichzeitig korrosiv an den Gittern. Richtig viel Ladespannung wirkt auch gegen ganz fette Sulfatklumpen, zerlergt die Gitter ab so schnell und lässt den Akku kochen, dass man die hohe Spannung nur in ganz kurzen Pulsen in den Akku geben darf, ohne mehr Schäden anzurichten, als man Nutzen bringt.
Grüße, Tom