Was ein "Sinus"-Wechselrichter ist, wofür man ihn braucht und wo es auch ein "Trapez"- bzw. "modified sine"-Wechselrichter tut

  • Der Netzstrom-Sinus


    In einer deutschen Steckdose wohnen 230V Wechselstrom. Wechsel deshalb, weil der Strom dauernd seine Richtung wechselt. Dies tut er vorzugsweise sinusförmig und 50 Mal pro Sekunde, was generatortechnische Gründe hat und das sieht dann in etwa so aus:



    Bild 1: Der Steckdosen-Sinus.


    OK: So ein bisschen schief ist der Steckdosenstrom heutzutage schon, wegen der vielen elektronischen Geräte mit Schaltnetzteilen und hohen Blindleistungsanteilen im Netz. Mit so einem Sinus aus der Steckdose funktionieren aber alle 230V-Geräte einwandfrei.


    Der trapezförmige Wechselstrom ("Modified Sine")


    Möchte man aus 12V Batterie-Gleichstrom 230V Wechselstrom bei 50 Hz Frequenz machen, ist das technisch gar nicht mal so einfach. Erst muss man die Gleichspannung bei hoher Frequenz in Wechselspannung zerhacken, dann hochtransformieren, dann wieder gleichrichten und dann mit den gewünschten 50Hz Netzfrequenz nochmal in Wechselstrom zerhacken. Das Ergebnis sieht dann so aus und nennt sich "Trapez", oder in der Werbung auch "Modified Sine" oO):



    Bild 2: Trapezförmiger 230V Wechselstrom aus einem einfachen Trapez-Wechselrichter


    Das, was man auf dem Oszillogramm erkennt, ist einfach nur die Folge +230V / Aus / -230V / Aus / +230V usw. Das ist die einfachste Form von Wechselstrom und damit kann man auch schon einiges anfangen: Man kann damit z.B. ganz hervorragend Glühlampen betreiben. Oder Heizlüfter. Oder Wasserkocher. Immer dann, wenn der Wechselstrom einfach nur zur Erzeugung von Wärme verwendet wird, ist die genaue Spannungsform egal. Es müssen nur 230V bei 50Hz Wechselstrom sein und das können auch einfache und wirtschaftlicher arbeitende Trapez- bzw. "Modified-Sine" Wechselrichter. Das können die sogar ganz besonders gut und bei nur geringen Verlusten.


    Ohmsche Lasten


    Einfache elektrische Lasten wie Glühlampen, Wasserkocher, Heizlüfdter oder Fön (sogenannte "ohmsche Lasten") funktionieren tadellos an Trapez-Wechselrichtern, weil der aus der trapezförmigen Wechselspannung resultierende Strom einer "rein ohmschen Last" ebenfalls ganz normal trapezförmig aussieht:



    Bild 3: Stromverlauf einer ohmschen Last (hier: Fön) an einem Trapez-Wechselrichter. (Das Gekrisel sind Impulse durch den im Fön enthaltenen Elektromotor des Gebläses.)


    Man kann einfache "Heiz"-Verbraucher also vorteilhaft an Trapez-Wechselrichtern betreiben, weil die 1. viel billiger sind und 2. einen wirtschaftlichen Betrieb bei geringem Stromverbrauch ermöglichen. :)


    Elektronische Verbraucher (induktive Lasten)


    Bei elektronischen Verbrauchern wird es aber schwierig, weil diese mit den harten Polaritätswechseln des Trapez-Wechselstroms nur schlecht zurechtkommen: Denn immer wenn die Spannung umgeschaltet wird, fließen kurze, aber harte Stromspitzen. Das hört man oft sogar: Es brummt und britztelt vernehmlich aus den damit versorgten Geräten.

    Und genauso sieht das dann auch auf dem Oszillogramm des fließenden Stroms aus:



    Bild 4: Stromverlauf mit harten Transienten bei einem elektronischen Gerät mit Schaltnetzteil bei Speisung aus einem Trapez-Wechselrichter.


    Die scharfen Spitzen rauf und runter sind sogenannte Transienten: Kurze und hohe Stromspitzen, welche stark belastend für Wechselrichter und elektronische Verbraucher sind. Betreibt man Geräte mit elektronischen Schaltnetzteilen wie z.B. Fernseher oder Computer mit größerer Leistungsaufnahme an Trapez-Wechselrichtern, führen diese spitzen Strom-Transienten oft zu Bild-, Ton opder sonstigen Störungen. Es kann ggf. sogar zu Funkstörungen entfernter Empfangsgeräte kommen (Bluetooth, WLAN, Radio, Sprechfunk). Man kann daher nicht empfehlen, solche elektronische Geräte an Trapez-Wechselrichtern zu betreiben. Das kann mehr oder weniger gut funktionieren, muss es aber nicht.


    Sinus-Wechselrichter


    Sinus Wechselrichter arbeitet ganz ähnlich wie Trapez-Wechselrichter, besitzen aber noch eine zusätzliche Stufe: Nachdem die Spannung auf etwa 450V hochtransformiert wurde, wird der 50Hz-Netzsinus recht kunstvoll mittels prozessorgesteuerter hochfrequenter PWM nachgeformt. Das was dann schlussendlich aus einem Sinus-Wechselrichter rauskommt, sieht meistens sogar noch bedeutend besser aus als das, was Zuhause aus den Steckdosen kommt:



    Bild 5: Über eine solche vorbildlich sinusförmige 230V-Spannung des Wechselrichters freut sich jeder Verbraucher. :thumbup:


    Und so sieht der Stromverlauf eines elektronischen Schaltnetzteils an einem Sinus-Wechselrichter aus: Schon viel besser, als die harten Spitzen beim Trapez-Wechselrichter.



    Bild 6: Stromverlauf eines Schaltnetzteils an einer sinusförmigen Netzspannung.


    Kaffeemaschinen


    Auch im Jahr 2023 scheint Kaffeekochen noch immer das Camperhobby Nr.1 zu sein (gleich nach dem Campen...;)). Elektrische Wasserkocher, Tauchsieder und normale (Blubber-)Kaffeemaschinen werden problemlos auch an Trapez-Wechselrichtern arbeiten, sofern diese ausreichende elektrische Leistung bereitstellen können. Nicht so jedoch Coffeepad-Kaffeemaschinen und Kaffee-Vollautomaten, denn beide enthalten wiederum Elektronik mit Schaltnetzteil. Sie sind deshalb unter den induktiven Lasten einzuordnen und spielen dann oft zusätzlich noch Verrückter Professor oder gleich gar nicht mehr mit. Hierfür braucht man also zwingend einen Sinus-Wechselrichter, ebenso wie für Fernseher, Radios und PCs.


    Kühlschränke


    Kühlschränke enthalten einen oder mehrere durch Elektromotoren angetriebene Kompressoren und E-Motoren sind, ähnlich wie elektronische Geräte, auch induktive Lasten. Manche funktionieren auch an Trapez-Wechselrichtern, andere aber auch nicht. Das ist nicht vorhersehbar und es kommt da sehr auf die Kombination der jeweiligen Geräte an. Was aber für Kühlschränke typisch ist, ist der überraschend hohe Anlaufstrom: Der Kompressor wird vom Kühlschrank-Thermostaten je nach erforderlicher Kühlleistung ein- und ausgeschaltet. Wird der Kompressor eingeschaltet, benötigt er für einen sehr kurzen Moment etwa die zehnfache elektrische Leistung zum Anlauf. Das ist ein typischer Wert für alle Arten von Elektromotoren, die aus dem Stand auf Rotation gbracht werden sollen. Sie selbst brauchen schließlich auch mehr Kraft als üblich zum Fahradfahren, wenn sie aus dem Stand Anfahren. Also: Völlig normal soweit. Allerdings muss man auch bei der Auswahl des Wechselrichters daran denken, dass ein Kühlschrank dann kurzfristig nicht mit 50W, sondern mit 500W zu Buche schlägt.


    eBike und Smartfon aufladen, Notebook betreiben und aufladen


    Alle drei Gerätetypen funktionieren meist auch an Trapez-Wechselrichtern, aber auch hier gilt: Leider nicht alle! Will man auf Nummer Sicher gehen, baut man sich also einen Sinus-Wechselrichter ein. Damit gibt es im Allgemeinen keine Probleme. An diesen Geräten können praktisch alle elektrischen Verbraucher gleichermaßen sauber und problemlos betrieben werden. Man muss jedoch auf jeden Fall darauf achten, dass die Leistung des Wechselrichters ausreichend für die daran betriebenen Verbraucher dimensioniert wird. Hinweise hierzu gebe ich im Thread Welchen Wechselrichter braucht man zum Kaffee kochen? (geeignete Leistungsklasse auswählen).


    Grüße, Tom

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