2 AGM Batterien oder 1 Säure- und 1 Gelbatterie?

  • Guten Tag Herr Rücker,
    seit dem Kauf des Trenn Mosfets und des 12 Volt 10 Ampere Ladegeräts soll dieses Jahr weiter in Richtung Autarkie aufgerüstet werden. Dazu hoffe ich von Ihnen alle Fragen beantwortet zu bekommen. Ich fahre einen Sprinter Selbstausbau mit einer 90 A Lichtmaschine und habe unter dem Beifahrersitz Platz für eine Zweitbatterie mit maximal 90 Ah. Im Mai soll ein 100 Watt monokristallines Solarpanel von JWS mit Mppt Laderegler von IVT bis 20 Ampere verbaut werden.
    Da die beiden Batterien (über den Trenn Mosfet parallel geschalten) nie neu waren und auch nicht die gleiche Kapazität hatten, soll jetzt diese Kapitel behandelt werden, nachdem uns letztes jahr die zu alte Zweitbatterie beim überqueren der Alpen übergekocht war. Hohe Drehzahlen bei Serpentienenstraßen = hoher Ladestrom von der Lima, Batteriealter unbekannt... Alles Anfängerfehler.


    Jetzt zu meinen Fragen: Das Solarmodul soll über den MPPT Regler, der ja mehr nutzbare Leistung ausgibt die Zweitbatterie tagsüber laden, beim Fahren tut das dann ja zusätzlich das Trenn Mosfet.


    1. Ist es sinnvoll einen ständigen Verbraucher wie z.B. Kühlschrank an den Lastausgang des Ladereglers zu klemmen? Da habe ich doch dann ein Problem mit dem Umschalten bei Nacht. Besser alles
    direkt wie gehabt an der Zweitbatterie lassen?


    2. Da alle zusätzlichen Verbraucher (alles was nicht zum Fahren benötigt wird) an der Zweitbatterie hängen, habe ich in vielen Foren gelesen das es am besten ist 2 völlig gleiche Batterien
    zum Parallelschalten zu verwenden. Oder ist das egal ob die Starterbatterie eine Bleisäurebatterie ist und die Zweitbatterie eine Gelbatterie/AGMbatterie wegen der Ladung per
    Sonnenenergie?


    3. Das Ladegerät würde ich nun zur Ladeerhaltung der Starterbatterie verwenden, da ich davon ausgehe der Solarstrom von ca. 9 A reicht aus um den Energieverbrauch / die Zweitbatterie zu
    laden. Denn im Moment ist der Zustand soweit ok, wenn man übers Wochenende am Landstrom hängt wenn das Womo nicht alle 24 h mal gefahren wird. Das soll ja ja jetzt das Solarpanel
    übernehmen, also können wir weiterhin auch wild campen, oder?


    4. Ist das Ladegerät nicht jetzt überflüssig im System?


    5. Können Sie ein paar Tips zum Batteriekauf geben? Ich wollte als Starterbatterie eine 90 Ah und wegen Platzmangel die Zweitbatterie mit 90 Ah verbauen.


    6. Gibt es Hersteller die man meiden sollte?


    Ein schönes Wochenende noch.

  • Hallo,


    es kann durchaus einmal passieren, dass in Folge eines Batteriedefektes die Batterie überkocht. Da können weder die Lichtmaschine noch irgendwelche Anfängerfehler etwas dafür, sondern da hat einfach eine der sechs Zellen die Hufe hochgeklappt und einen Kurzschluss bekommen. In der Folge mussten die verbleibenden fünf Zellen die Ladespannung der nun kurzgeschlossenen Zelle mit "verdauen", was erst zur Überhitzung der Batterie und in Folge des sogenannten "termal runaway" zum Überkochen führte. Dagegen lässt sich prinzipiell nichts machen, wenn man nicht alle Batterien Temperaturüberwacht, oder in kurzen Intervallen erneuert. Allerdings sind solche Zellenkurzschlüsse meist die Folge von wiederholten Tiefentladungen.


    Nicht richtig ist dagegen die oft gehörte und gelesene Ansicht, dass sich Bleiakkus verschiedener Elektrolyttechnologien (Gel/AGM/flüssige Säure) bzw. Batterien unterschiedlichen Alters nicht miteinander vertragen würden. Verwendet man nicht gerade exotische Blei/Zinn-Akkus (z.B. Hawker Genesis oder Zyklon), oder völlig abweichende Technologien (NiCd/NimH/LiPo/LiFe...), kann man lustig zusammenschalten, was einem vor die Füße fällt. Die Nennspannungen müssen natürlich übereinstimmen. Die Kapazitäten sind widerum egal, man kann also problemlos 1Ah-Batterien mit 100Ah-Batterien parallelschalten, das macht denen gar nichts.


    Die Frage, ob der Kühlschrank besser an den Lastausgang des Solarreglers oder direkt an der Zweitbatterie angeschlossen werden soll, zielt vermutlich auf den in den meisten Solarreglern enthaltenen Tiefentladeschutz ab. Um diese Frage sinnvoll zu beantworten, mus ich leider etwas ausholen.


    Zu tiefe Entladungen wirken auf Bleiakkus bekanntlich sehr lebensdauerverkürzend. Die Ursache ist, dass das Entladeprodukt Bleisulfat ein deutlich größeres Volumen besitzt als die Ausgangsstoffe Blei und Bleidioxyd. Einfach gesagt, die Bleiplatten "arbeiten" bei Ladungswechseln mechanisch, sie dehnen sich bei Entladung aus und schrumpfen bei Ladung wieder zusammen. Da die Platten aber nicht homogen sind und größtenteils aus pulveriger Paste bestehen, drückt sich diese Paste bei mechanischer Beanspruchung aus den Gitterplatten heraus. Nach und nach fällt Blei-, Bleidioxyd- und Bleisulfatpulver aus den Gitterplatten heraus und sammelt sich am Boden der Zellen im Schlammraum. Bei Gel- und AGM-Akkus verläuft dieser Prozess noch etwas anders, aber das muss uns hier nicht interessieren. Ab einer gewissen Entladetiefe nimmt dieser schädliche Prozess überhand und es kommt zu massivem Ausfall der aktiven Massen ("Shedding") und später dann zum Zellenkurzschluss. Soweit erst mal der schädliche Wirkmechanismus von Tiefentladungen bei Bleiakkus.


    Aber wo beginnt nun diese schädliche Tiefentladung? Tiefer als bis auf 30% Restladung sollte man Bleiakkus nicht entladen. Man kann den tatsächlichen Ladezustand nun näherungsweise anhand der Zellenspannung ermitteln, bei aus mehreren Zellen bestehenden Batterien hilfsweise aus der Gesamtspannung der Batterie. Das ist zwar nicht so genau, weil die einzelnen Zellen in der Regel nicht dieselben Spannungen aufweisen, aber man kommt bei den modernen Batterien ja nicht an die Zellenverbinder heran, so dass man nur die Gesamt-Batteriespannung ermitteln kann. Das ist also schon mal das erste Problem.


    Das zweite Problem ist, das es keine feste Spannung gibt, die das Entladeende kennzeichnet. Hier spielt besonders die Höhe des Entladestroms eine gewaltige Rolle. Das wird sofort klar, wenn man mal einen schwachen und einen starken Verbraucher wechselweise an einem fast entladenen Bleiakku anschliesst und dabei die Spannung misst. Die sinkt bei Anschluss des starken Verbrauchers naturgemäß viel stärker ab, als wenn man nur ein kleines Lämpchen anschliesst. In der Folge führt ein starker Verbraucher zum zu frühen Abschalten des Tiefentladeschutzes, während ein schwacher trotz Tiefentladeschutz den Akku viel zu tief entlädt.


    Wonach soll sich nun ein Tiefentladeschutzgerät richten, wenn es keine feste Abschaltspannung gibt? Es müsste schon den jeweiligen Entladestrom messen und die Akkuspannung mit diesem Strom in Beziehung setzen, um dann entscheiden zu können, ob der Akku nur fast leer oder ganz leer ist. Solche Geräte gibt es aber leider nicht (das wäre recht teuer), zumindest kenne ich keins. Daher sind universelle Tiefentladeschutzgeräte meist nicht wirklich gut, wenn man Verbraucher mit stark unterschiedlicher Stromaufnahme daran anschliesst. Ein 12V-Kühlschrank hat aber in der Regel bereit einen eingebauten Tiefentladeschutz, weil er sonst jeden Bleiakku gnadenlos leerlutschen würde und dieser geräteeigene Tiefentladeschutz ist sinnvollerweise auf die zu der Stromaufnahme des Kühlschranks passende Abschaltspannung eingestellt. Deshalb ist es meist günstiger, einen Kühlschrank direkt an den Zweitakku anzuschließen, als an den Ausgang des Solar-Ladereglers. Für Verbraucher ohne integrierten Tiefentladeschutz ist der Regler dann natürlich der passende Anschlusspunkt, denn der schaltet (hoffentlich) immer noch besser als gar keiner. Man merkt schon, dass das Thema Tiefentladeschutz mal wieder nicht so einfach ist wie gedacht... ;)


    Ob Ihr Ladegerät überflüssig wird, hängt davon ab


    • ob Sie unterwegs Steckdosen begegnen, und
    • wie viel Energie Sie Ihren Akkus entnehmen.

    Beides kann ich aus der Ferne natürlich nicht entscheiden. Es hat sich aber herausgestellt, dass ein Ladegerät meist eine gute Sache ist. Schlimmstenfalls nimmt es Platz weg und bringt Gewicht mit. Dafür hat man eins, wenn man mal eins braucht. Umgekehrt isses meist schlechter.


    Beim Batteriekauf müssen Sie nicht auf besondere Marken oder Batterietypen achten. Als Zweitbatterie lässt sich praktisch jede handelsübliche Gel- oder AGM-Type benutzen. Spezielle Typen sind meist überdurchschnittlich teuer und man braucht sie in der Regel auch nicht. Wenn man die benötigte Bauform - die optimal an den vorgesehenen Platz passt - findet und der Preis akzeptabel ist, sollte man zuschlagen.


    Ausgesprochen schlechte Marken sind mir nicht bekannt. Allerdings ist es ein bekanntes Phänomen, dass billige NoName-Produkte zwar nicht zwingend schlecht sein müssen, aber in der Qualität stark schwanken. Da man bei Bleiakkus, besonders bei AGM-Typen, aufgrund der primitiven und uralten Technik aber nicht allzu viel falsch machen kann, schaue ich auch gern nach dem Preis und kaufe dann dort, wo es am billigsten ist. Passte bisher immer.


    Grüße, Tom

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