Neue Batterien defekt? Ultimatron ULS-12-100H

  • Hallo liebes Forum,


    ich habe mich die letzten Tage verstärkt in das Thema Cell Balancing eingelesen und werde leider trotzdem nicht ganz aus den Daten meiner neuen Ultimatron LiFePo schlau.

    Da die Herstellereigene App keine BMS Daten außer die der Zellenspannung preis gibt, habe ich zur Xiaoxiang App umgeschwenkt.


    Ausgangssituation:

    Oben genannte Batterie habe ich zwei mal neu, direkt vom Händler gekauft. Beide Batterien sollen in meinem Camper Bulli zum Einsatz kommen und die bestehenden AGM's ersetzten. Ladezyklus: Der Camper wird täglich zur Arbeitsstelle bewegt (ca. 30min Fahrzeit je Strecke). Dabei werden die Batterien über einen Schaundt WA121525 geladen, der für LiFePos geeignet ist. Zusätzlich kommt gelegentlich, nach Bedarf ein Landstrom Ladegerät Victron IP65 12/7A zum Nachladen zum Einsatz, falls der Bus mal länger steht. Mit mit Victron probiere ich gerade verzweifelt die Zellen mit der richtigen BMS Einstellung auszubalancieren. Habe das BMS schon umgestellt, dass auch beim nicht Laden gebalanced werden kann. Leider ohne Erfolg. Hinweis: Ich möchte die BMS Einstellungen so wählen, dass die Batterien nicht auf Biegen und Brechen ihre 100% Kapazität erreichen, sondern lieber etwas mehr auf die Lebensdauer. Sprich SOC von 90/95% statt 100% sind für mich völlig in Ordnung.


    Zu meiner Frage:

    Was sehr komisch ist, dass bei der einen Batterie (LiFePo 1 Bulli ) ein Spannungsdelta von 0,234 V zwischen den Zellen besteht, was das BMS nicht balanciert bekommt. Zwei Zellen sind hier weit von den eingestellten 15mV entfernt. Wie bekomme ich diese angeglichen? Welche Einstellungen wären eurer Meinung die richtigen? Ist so eine große Abweichung bei einer neuen Batterie normal?


    Die Zellen der zweiten Batterie haben Keinen so großen Drift, allerdings schafft auch dort das BMS nicht zu balancieren.

    Ich bin für jeden Tip von euch dankbar!


    Anbei die Screen Shoots bei Batterien aus der App


    Vielen Dank Fabian

  • Wenn Zellen bei 3,5V und darüber liegen, sind sie voll. Wenn andere Zellen in derselben Batterie zur selben Zeit dann noch bei einer Spannung von unter 3,4V liegen, weisen Sie entweder eine spürbar höhere Kapazität als die vollen Zellen auf, so dass sie noch nicht voll sind, oder die Zellen waren bei der Montage im Werk schlecht ausgeglichen. Um zu prüfen was von beidem stimmt, empfehle ich die Batterie zu entladen, um so festzustellen, welche Zellen als erste leer sind. Sind die zuerst vollen Zellen auch zuerst leer, weisen sie eine merkliche Minderkapazität auf. Diese Zellen werden bei Annäherung an die Voll- bzw. Leergrenzen immer zuerst in der Spannung abmarschieren.


    Bei der zweiten Batterie sehe ich dagegen das Problem nicht, da die Zellenspannungen doch recht nah beieinander liegen. Man sollte die Zellenspannungen deshalb auch nicht mit der Goldwaage messen, sonst braucht man einen Equalizer, der die Harmonie der inneren Schwingungen wieder in Konvergenz bringt. Ommmm.... ;)


    Grüße, Tom

  • Hallo Tom,


    vielen vielen Dank für deine Rückmeldung.

    Da ich auch kein Fan von der Goldwaage bin, jedoch ausschließen möchte, dass ich eine nicht intakte neue Batterie teuer gekauft habe, interessieren mich noch folgende Fragen:


    1.Selbst wenn ich die Batterien jetzt auf 0% entlade, wie bekomme ich diese ausbalanciert? Müsse sich das mit der nächsten Ladung einstellen oder bedarf es mehrerer Lade-/Entladevorgänge.

    2. Ab welchen Spannungsdelta nach dem Entlade/Ladevorgang würdest du auf eine "schwache Zelle" oder einen anderen Defekt tippen, den ich beim Hersteller reklamieren sollte?


    Vielen Dank schon mal für deine Antworten!

  • Beim Balancing von hartnäckig schlecht ausgeglichenen Lithium-Batterien mit dem Standard-Balancer des batterieeigenen BMS muss man zunächst verstehen, wie Lithium-Batterien und ihre passiven Balancer arbeiten: Und zwar mit Lastwiderständen, die sie beim Laden auf diejenigen Zellen aufschalten, die in der Spannungslage um einen bestimmten Mindestwert oberhalb der anderen Zellen liegen. Durch diesen Lastwiderstand wird der Zelle ein kleiner Strom entnommen, um den sich der Ladestrom dieser Zelle gegenüber dem Ladestrom der anderen Zellen vermindert. Auf diese Weise soll der Ladezustand der Zellen einander angeglichen werden.


    Hier ergeben sich jedoch drei Probleme:

    1. Der Laststrom passiver Balancer ist relativ klein, so dass nur eine überschaubare Ladungsmenge auf diese Weise der Zelle mit der höchsten Spannung entnommen werden kann.
    2. Weil dieser Laststrom die Batterie ein Stück weit entlädt, arbeiten passiver Balancer generell nur bei fließendem Ladestrom, um die Entladung der Batterie insgesamt durch das Cellbalancing zu verhindern. Wird nicht gerade geladen, wird also auch nicht balanciert.
    3. Aus demselben Grund arbeitet das Cellbalancing bei passiven Balancern auch nur dann, wenn einerseits die Zellen insgesamt eine gewisse Mindestspannung aufweisen (meist etwa 3,4V und darüber) und ein gewisser Mindestabstand zwischen den Zellenspannungen herrscht. Zu 100% ausgeglichen sind die Zellen bei passiven Balancern also fast nie, weil die passiven Balancer die Arbeit schon bei Spannungsunterschieden von noch 20 bis 40mV einstellen.

    Aus diesen Gründen dauert das Balancing stark voneinander abweichender Zellenspannungen relativ lange und lässt sich oft nicht während eines einzigen Ladevorgangs abschließen. Es kann auch sein, dass unter bestimmten Betriebsbedingungen die Ladezeiten zu kurz sind (z.B. bei Ladung mit hohen Strömen), oder das BMS überhaupt nicht bemerkt, dass Ladestrom fließt (wenn die Ladeströme zu gering sind, so dass das BMS sie nicht mehr messen kann). Dann wird entweder zu kurz balanciert, oder auch gar nicht. Entsprechend driften die Zellen nach einer gewissen Betriebszeit immer weiter auseinander.


    Will man solche Batterien wieder in einen ausgeglichenen Zustand zurückführen, muss man also dafür sorgen, dass einerseits das Cellbalancing überhaupt anspringt (durch Ladeströme von wenigstens 1A Stromstärke) und andererseits lange genug dauert (durch nicht zu hohe Ladeströme). Beides kann man dadurch erreichen, indem man die betreffende Batterie etwa auf 50% SOC entlädt und dann mit kleinem Strom randvoll auflädt. Hierfür benötigt man entweder ein kleines Ladegerät, das nur 1 - 2A Ladestrom liefert, oder ein einstellbares Netzteil, bei dem sich der Ladestrom regeln lässt oder bereits durch die Bauart bedingt im passenden Bereich liegt. Mit solch einem Gerät wird die Batterie dann langsam bis auf 100% Ladezustand aufgeladen. Oft und bei schweren Fällen reicht ein Durchgang allein noch nicht aus, um alle Zellen vollständig auszugleichen. Dann entlädt man erneut bis etwa 50% Ladezustand und lädt in einem zweiten Durchgang über mehrere Stunden. So lange, bis die Zellenspannungen bei Vollladung in etwa ausgeglichen sind.


    Besser arbeitet der Zellenausgleich mit Hilfe von Equalizern. Das sind aktive Balancer, die nicht nur die Zellen mit der höchsten Spannungslage belasten, sondern Ladung von den stärker aufgeladenen Zellen in die schwächeren Zellen transportieren, also umladen. :love: Das geht erstens viel schneller, weil die Umladeströme deutlich höher sind und in beiden Richtungen wirken (vollere Zellen werden entladen und schwächere Zellen geladen), zweitens die Ausgleichsströme größer sind (weil kaum noch Verlustwärme anfällt, die abgeleitet werden muss, was innerhalb geschlossener Gehäuse natürlich schwierig ist) und drittens, weil Equalizer deutlich präziser arbeiten als passive Balancer (oft auf +/-1mV genau). Das Problem ist nur, wie man in verschweißte Batterien solche Equalizer einbaut. Da ist dann derjenige fein raus, der eine Batterie mit verschraubtem Deckel besitzt, oder eine Batterie, wo der Equalizer gleich ab Werk enthalten ist. :)



    Grüße, Tom

  • Vielen vielen Dank für die super Erklärung Tom :)!!!!

    Dann probiere ich es mal mit ein paar langsamen Lade/Entlade Vorgängen.

    Glücklicherweise kann ich das Viktronladegerät auch auf 2A statt 7A regeln oder auch als Netzteil verwenden.


    Ich werde berichten.

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