Habe ich meine Ultimatron ruiniert?

  • Hallo,


    folgende Problemstellung:

    Wir sind zu Dritt auf Elternzeitreise im Bulli für einige Monate in Europa/Asien unterwegs. Wir haben eine Ultimatron AGM Style 100Ah als Batterie verbaut. Über Weihnachten waren wir fünf Wochen in der Heimat und ließen unser Gefährt parkend in der Nähe des Flughafens von Thessaloniki zurück. Leider habe ich die Batterie nicht vom Bordnetz getrennt. Sie war mit 13,4V geladen als wir fuhren, zudem hats 160WP auf'm Dach. In meiner Unwissenheit ging ich davon aus, dass das kein Problem sein würde. Als wir zurück kehrten (05.01) war die Batterie bei 0% laut App, mit einer Spannung von 10,8V. Ich bekam Panik und anschließend Wut auf mich selbst. Entweder habe ich die Kriechströme massiv unterschätzt oder es war noch ein Verbraucher an. Könnte dann höchstens der TriGas-Warnmelder gewesen sein. So ganz verstehe ich es bis heute nicht. Wann die Batterie diese 10,8V erreichte konnte ich übrigens nicht evaluieren.

    Ich laß hier im Forum in dem Beitrag zum richtigen Laden und an einer anderen Stelle des Internets das Lifepo4 bei 2,5 vollständig entladen sind. Ich nahm an, dass das BMS rechtzeitig abgeschaltet hatte und es zu keiner Tiefenentladung gekommen sei. Glück gehabt, so dachte/hoffte ich. Durch unsere Reisepläne/-art benötigten wir die Batterie auch sofort wieder einsatzbereit. Ich habe mich nur an die Empfehlung von CATL gehalten zwecks Temperatur und max ..,..C. Sprich, die Batterie wurde anschließend über den Ladebooster mit 20A geladen. Zu Weihnachten hatten wir uns einen kleinen Wasserkocher mit 800W (wobei mittels des Wechselrichters [1000W von LiTime] während des Wasserkochens in der App 1400W Stromentnahme angezeigt werden?!) schenken lassen. Den wir seitdem gerne für die Zubereitung unseres morgendlichen Kaffeegenusses verwenden. Bis vor kurzem war alles unauffällig und ich freute mich sehr, dass meine Dummheit nicht bestraft wurde. Bis letzte Woche der Wasserkocher seine Arbeit einstellte und der Wechselrichter panisch piepte. Da war die Batterie laut App wenig geladen und mein Laienhirn erklärte es sich damit. Gestern trat das Problem erneut auf und ich konnte beobachten wie die Spannung von 12,5V innerhalb kürzester Zeit unter 11V fiel. Zu dem Zeitpunkt soll die Batterie mit 43% geladen gewesen sein, was mir bei der Spannung etwas optimistisch vorkommt. Mr. Google machte mir Angst und verriet mir, dass ein Einbruch der Spannung auf einen erhöhten Innenwiderstand der Zelle hindeutet. Hervorgerufen durch TIEFENENTLADUNG.

    Habe ich den Akku wirklich unwiderruflich geschädigt oder ist ein Spannungseinbruch bei so einer niedrigen Ladung der Batterie in Verbindung mit dieser hohen Last vielleicht sogar einfach "normal"?

    Gibt es praktikable Tipps was ich nun machen und prüfen kann/sollte? Multimeter vorhanden, Ahnung leider kaum.

    Ich habe gelesen, dass man erhöhte Innenwiderstände normalisieren kann indem man 5-10mal die Batterie langsam 0,1-0,2C vollständig lädt und anschließend langsam 20A entleert, dann wieder von vorne. In unserem Setting leider so nicht umsetzbar und wahrscheinlich auch sechs Wochen zu spät.

    Darf ich den Wechselrichter samt Wasserkocher benutzen oder verschlimmere ich damit eventuell die Situation?


    Liebe Grüße aus Kreta!

  • Lithium-Batterien benötigen zwingend ein BMS, da sie keine Falschbehandlung wie Überladung und Tiefentladung vertragen. Das BMS wird seine Aufgabe sicherlich korrekt erledigt haben, so dass ich zu diesem Zeitpunkt keinen Grund sehe, anzunehmen, dass Zellen beschädigt wurden.

    Die Ladezustandsanzeige sollte man im Zweifel unbeachtet lassen, weil sie bei Lithium-Batterien aus technischen Gründen gerne Unsinn anzeigt und Unsinn verwirrt nur bei der Suche nach dem Kern des Problems. Schau Dir deshalb eher die Batterie- und die Zellenspannungen an, damit liegen wenigstens richtige Messungen vor und keine gebastelten Mutmaßungen wie bei einer Ladezustandsanzeige. Den Ladezustand einer Lithium-Batterien kann man nicht einfach messen, sondern muss ihn aus einer Vielzahl von Messdaten indirekt errechnen. Und dann ist er wie beschrieben auch noch oft unplausibel und damit leider oft falsch.


    Ich empfehle folgendes Vorgehen:


    1. Batterie randvoll aufladen, bis die Spannung einer Zelle 1,6V erreicht hat. Etwa zu diesem Zeitpunkt wird das BMS den Ladestrom abschalten und dann weiß man, dass der - technische - Punkt der Vollladung erreicht ist.


    2. Die anderen drei Zellen werden zu diesem Zeitpunkt geringere Spannungen aufweisen, was soweit normal ist. Schreib mal die Spannungen der Zellen bei Vollladung hier in den Thread. Dann kann man sich ein bessere Bild der Ladungsverteilung zwischen den Zellen machen.


    3. In diesem Zustand über den Wechselrichter Wasser kochen und dabei möglichst die Spannung 1. direkt an den Batteriepolen messen und 2. noch einmal direkt an den 12V-Anschlüssen des Wechselrichters. Diese Spannungen sind für die weitere Diagnose ebenfalls wichtig.


    4. Kaffee zubereiten und abregen. 8) Es wird mit größter Wahrscheinlichkeit überhaupt kein Fehler vorliegen, außer dem Missverständnis über die Zuverlässigkeit von Ladezustandsanzeigen und möglicherweise Problemen mit den Kabeln zum Wechselrichter.


    Grüße, Tom

  • Da fällt mir ein kleiner Stein vom Herzen!

    Danke für die schnelle, fundierte und augenzwinkernde Antwort. Tut gut zu lesen! Ich habe die halbe Nacht und den halben Tag damit verbracht mich zu verfluchen.

    Meintest Du 3,6V? 3,3xx war das höchste was ich gesehen habe, meine ich. Morgen soll hier viel die Sonne scheinen, da hole ich die Solartasche raus und schau mal was geht. Ladeschlusspannung habe ich auf 14,6V eingestellt bei MPPT und Ladebooster.

    Punkt 2 und 3 sollte ich hinbekommen und Punkt 4 mittlerweile auch.

    Danke Dir. War eine gute Entscheidung bei Dir zu kaufen und nicht eine Chinabatterie. Zwar billiger, aber alleine der Support ist unbezahlbar.

    Ich habe gestern Nacht zu allem Überfluss zufällig herausgefunden, dass man bei der Batterie über die App das Laden und auch das ENTLADEN abschalten kann. Ab da ging die Selbstzergeißelung richtig rund.

    Dennoch richtig cooles Feature an sich!

  • Oh je... :| Und ich dachte immer, das Lithium-Batterien glücklich machen... ;)


    Dann lade morgen mal so voll es geht. Die für LiFePO4-Zellen maximal zulässige Spannung ist 3,65V. Ich weiß nicht genau wann das Ultimatron-BMS abregelt, aber irgendwo zwischen 3,60 und 3,65V sollte das passieren.


    Wegen der unvermeidlichen Verschiedenheit der vier enthaltenen Einzelzellen wird es eine geben, welche die mit der größten Kapazität ist und eine, die etwas weniger Kapazität hat als die anderen drei. Die mit der geringsten Kapazität ist in einer Reihenschaltung üblicherweise die, die als erste voll oder leer ist. Es wird daher kaum je passieren, dass alle Zellen gleichzeitig beim Laden ihre Maximalspannung von 3,65V erreichen, auch das wäre völlig normal. Man erreicht daher meistens nur Maximalspannungen der 12V-Batterien von etwa 14V beim Laden, bis das BMS den Ladestrom von sich aus abschaltet.


    Naja, ich bin mal gespannt, was für Spannungswerte du morgen meldest. :)


    Grüße, Tom

  • Bis auf den 3. Punkt konnte ich die Aufgaben abarbeiten. Die Sonne stand gut.


    Heute morgen Kaffee mit Hilfe des Wasserkochers zubereitet. Während des Wasserkochens sank die Spannung von 13,3V auf 12,8/12,7V ab. Danach stieg sie wieder auf 13,2V. Das feste Solarpanel auf dem Dach erbrachte zu dem Zeitpunkt 1A. Falls dies überhaupt relevant ist.


    Dann begann der Test mit aufstellen der Solartasche. Ich schreibe mal alle Beobachtungen hier rein. Wahrscheinlich wird das eine oder andere unwichtige dabei sein. Dies bitte ich zu entschuldigen.

    Zunächst wurde die Batterie bis 14,4V geladen. Dann begann der Wechselrichter zu piepsen. Die Spannung sank auf 13,9V ab. Den Wechselrichter konnte ich über den zusätzlichen Schalter abstellen. Die Fehlermeldung allerdings nicht ablesen. Unser Wechselrichter ist im Batteriefach des California platziert und unser Kleiner schläft momentan unten im Bus. Das rumkramen hinten hätte ihn sicherlich aufgeweckt.

    Nach Ausstellen des Wechselrichters stieg die Spannung wieder auf 14,2V (charging status sprang auf "Off"). Die Spannung sank anschließend wieder auf 13,8V, Differenz von 0,004V, charging status sprang wieder auf "on". Spannung stieg auf 14,4V, Differenz von 0,020V, charging status "Off". Sie sank wieder bis 13,8V, Differenz 0,005V, dabei war für mich auffällig drei Zellen bei 3,460V, charging status wieder auf "on". Spannung hoch auf 14,6V, Differenz 0,015V, charging status "Off". Absinken der Spannung auf 13,8V, Differenz 0,008V, charging status ging wieder auf "on". Spannung wieder hoch auf 14,6V. Vollste Zelle bei 3,655V, Differenz 0,020V.

    Dieser Prozess wiederholt sich jetzt. Eben war's wieder bis 14,6V. Vollste Zelle bei 3,650V und Differenz bei 0,025V.

    Soll ich das Solarpanel aufgestellt lassen und diesen Prozess sich wiederholen lassen oder lieber abbauen, um die Batterie nicht zu stressen?

  • Dieses Ein/Aus beim Laden hat mit dem Balancer der Batterie zu tun: Wenn die Zelle mit der höchsten Spannung den Ladeschluss erreicht hat, schaltet das BMS den Ladestrom ab, um Überladung dieser Zelle zu verhindern. Der Zellenausgleich (das "cell balancing") läuft aber weiter und versucht, die Zellen auf dieselbe Spannung zu bringen, indem es die Zelle mit der höchsten Spannung mit einem künstlichen Entladestrom belastet. Deshalb sinkt in der Folge die Spannung dieser Zelle ab, bis das BMS den Ladestrom wieder frei gibt. Dann bekommen alle Zellen wieder Ladestrom, so dass auch die Zellen mit der geringeren Spannung weitergeladen werden. Dieses Spiel wiederholt sich so lange, bis entweder alle Zellen am Ladeschluss angekommen sind, oder kein Ladestrom mehr zur Verfügung steht. Dieses Verhalten ist also auch völlig normal.


    Was ich nur nicht verstanden habe ist, weshalb Dein Wechselrichter piept.


    Grüße, Tom

  • Hallo, wir nutzen für solche Fälle bei Ultimatron immer die App "Overkill Solar" Hier kann man genauer die Werte dieser Batterie unter Settings feststellen und unter Home findet man die genaue Zellspannung. Einfach mal probieren.

  • ...Dieses Verhalten ist also auch völlig normal.


    Was ich nur nicht verstanden habe ist, weshalb Dein Wechselrichter piept.


    Grüße, Tom

    Danke Dir. Das klingt ja schon mal positiv. Das Absacken der Spannung in dem geschilderten Umfang ist auch normal? Unser Kompressor-Kühlschrank hatte sich nachmittags selbst ausgeschaltet. Nach Inbetriebnahme sank auch hier die Spannung um ca. 0,5V. Beim Wasserkochen zur gleichen Zeit ebenfalls um 0,5V. So, dass es temporär 12,5V waren und danach wieder der Anstieg auf vorheriges Niveau. Oder ist das eher nicht normal? Wobei noch zu klären wäre, ob's an der Batterie oder wahrscheinlicher am Wechselrichter bzw. der Verkabelung zu diesem liegt? Messen konnte ich die Pole und die 12V Verbindung zum Wechselrichter heute leider nicht. Wird zeitnah nachgeholt (morgen oder übermorgen).

    Vielen Dank für die Hilfe.

    Die App schaue ich mir mal an.


    PS: den piepsenden Wechselrichter kann ich mir bisher auch nicht erklären. Zudem auch kein Verbraucher angeschlossen war.

  • Laut Datenblatt kann die Ultimatron 150A. Dennoch entnehme ich deiner Antwort, dass das normal ist und ich mir keinen Kopf machen muss bzgl erhöhter Innenwiederstand? Hatte mich verguckt. Kurzfristig sind es 1400W. Die meiste Zeit über eher 1100W.

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