Starterakkus - üblicher Ladezustand im Kfz und Pflege

  • Hallo Tom,


    mir ist aufgefallen, dass in meinen Autos die Batterien (jeweils nur die Standard-Starterakkus vorhanden) derzeit zwischen 12,2V und 12,3V Ruhespannung haben (in angeschlossenem Zustand, jedoch kurz vor dem Messen wurde die Türe für die Motorhabenentriegelung kurz geöffnet).
    Mir kommt der Wert sehr niedrig vor, da die Fahrzeiten durchaus bei täglich je 2x 20-30 Minuten liegen und derzeit keine starken Verbraucher wie z.B. Standheizung benutzt werden. Außerdem liegt die Spannung bei laufendem Motor ab Standgas bei 14,0V. Ist die erwähnte Spannung von 12,2V bis 12,3 Volt daher ein in der Praxis vorkommender durchnittlicher Wert oder muss ich mich auf die Fehlersuche machen?


    Außerdem besitze ich noch diverse gebrauchte Akkus, die nicht mehr die gleiche Säuredichte je Kammer besitzen. Das liegt z.B. daran, dass eine Enduro durchaus mal auf dem kopf gestanden ist, danach die Kammern unterschiedlich gefüllt waren und danach nur mit destilliertem Wasser aufgefüllt wurden (der Rest entschwand durch die Belüftung). Auch die Spannungswerte je Kammer sind leicht unterschiedlich.
    Meine Idee hierzu wäre, dass ich die Akkus jeweils vollständig auflade und anschließend die Kammern durch kleine Säureentnahmen und anschließendem Wiederauffüllen mit konzentrierter Schwefelsäure stückweise auf den normalen Säuredichtewert bringe.
    Den "normalen" Weg mit aufladen, komplett entleeren, mit destilliertem Wasser wieder auffüllen und wieder laden und entleeren, etc. und dann mit neuer Batteriesäure befüllen, möchte ich nicht beschreiten, da mir das zu aufwändig ist und das komplette Entleeren nur mit umkippen möglich wäre, wobei ich auch evtl. Bleischlamm in der Batterie verteilen würde.


    Nun meine Fragen:
    Ist die beschriebene Vorgehensweie sinnvoll?
    Aus welchem Material sollte die Messspitze meines Messgerätes sein, damit die Batterie nach Möglichkeit nicht vergiftet wird (ist ein "Eisennagel" besser als die mit Neusilber beschichteten Messingspitzen oder soll ich gar Lötzinn nehmen)?
    Kann ich auch einzelne Kammern anhand den Nachfüllöffnungen mit den "Messspitzen" mit 2,4V laden oder sollte ich lieber die komplette Batterie ein paar Stunden mit gut 15V laden, um die Batterie vor dem Säuredichteanpassen gleichmäßig geladen zu haben?


    Viele Grüße
    Robert

  • Hallo Robert,


    die Ruhespannung eines Bleiakkus sagt entgegen landläufiger Meinung nicht wirklich viel über den Zustand des Akkus aus. Wenn man ihr überhaupt eine gewisse Aussagekraft entnehmen will, dann muss man wenigstens sicherstellen, dass der Akku vor wenigstens 30 Minuten komplett stromlos gemacht wurde. Es darf also in den letzten 30 Minuten keinerlei Strom hinein oder heraus geflossen sein. Erst dann haben sich die Zellen ausreichend osmotisch ausgeglichen und man kann von der Klemmenspannung so ungefähr auf die Säuredichte schließen. Da die einzelnen Zellen aber - wie Du selbst weiter unten schreibst - oftmals unterschiedliche Säuredichten aufweisen, ist der Erkenntnisgewinn durch bloße Betrachtung der Batteriegesamtspannung nur gering. In der Regel wird man bei einem zu gut 3/4 geladenem 12V-Bleiakku etwa 12,6V Ruhespannung messen. Es können mal 12,3 oder auch mal 12,9V sein, das allein sagt eben noch nicht viel.


    Allerdings empfiehlt es sich bei auffallend kurzer Batterielebensdauer einmal die Ruhestromaufnahme des Fahrzeugs zu messen. Die Ruhestromaufnahme sollte möglichst nicht über 50mA liegen, andernfalls leidet die Lebensdauer durch den permanent hohen Ladungsdurchsatz ganz erheblich.


    Die Methode, Säurestand und -dichte nach der Vollladung mittels Pipette auszugleichen habe ich auch schon öfter praktiziert, das geht ganz gut. Metallische Gegenstände sollte man aber keinesfalls mit der Batteriesäure in Verbindung bringen, das vergiftet andernfalls schnell die ganze Batterie. Übrigens lässt sich ein Bleiakku ganz vorzüglich als ganzes Vollladen, auch wenn nur einzelne Zellen unterschiedliche Ladezustände aufweisen, man darf nur keine zu hohen Ladeströme wählen. Die voll geladenen Zellen werden bei weiterem Laden dann zu gasen beginnen und so die überschüssige Energie in Knallgas und Wärme verwandeln. Ein Balancing, so wie es bei Lithium-Ionen-Akkus zwingend notwendig ist, benötigen Bleiakkus nicht.


    Grüße, Tom

  • Hallo Tom,


    Zitat

    Metallische Gegenstände sollte man aber keinesfalls mit der Batteriesäure in Verbindung bringen, das vergiftet andernfalls schnell die ganze Batterie.


    Wie kann ich dann die einzelnen Zellenspannungen messen, da die Bleibrücken bei den meisten Akkus nicht mehr zugänglich sind?


    Gibt es außerdem eine Regel, wieviel Startstrom in % (z.B. nach EN) ein Akku gegenüber den aufgedruckten technischen Angaben noch haben sollte? Natürlich ist mir klar, dass ich eh nur bei normaler Umgebungstemperatur messen kann, also hier schon ein Aufschlag von bis zu 20% gegenüber dem EN-Wert vorhanden sein sollte. Mich würde also mehr so eine Faustformel-Erfahrungswert, wie etwa xx% Startstrom bei einem desulphatierten Akku (Power Pulsar sei Dank) entspricht Lebensdauer "Palliativstation", interresieren, denn die kleinen Messgeräte mit der Diodenanzeige (gut oder schlecht) machen ja wahrscheinlich auch nichts anderes.


    Viele Grüße
    Robert

  • Wenn man bei Batterien mit innenliegendenden Zellenverbindern nicht gerade Löcher oberhalb der Zellenverbinder ins Gehäuse bohrt, um dort dann einen Draht zum Tasten reinzufriemeln, sieht es schlecht aus mit der Einzelspannungsmessung. Ist aber auch unnötig. Liegt ein Zellenkurzschluss vor, merkt man es auch an der zu niedrigen Gesamtspannung. Welche Zelle dann die Übeltäterin ist, wird wegen der nicht vorhandenen Reparaturmöglichkeiten eher egal sein. Alles andere lässt sich über die Säuredichte klären. Also vollladen und, wenn nötig, Säuredichte angleichen.


    Zum Mindest-Kaltstartstrom kann ich nicht schreiben, da das wohl eher von den jeweiligen Anforderungen des Anlassers abhängt. Entweder es reicht noch, oder es reicht aben nicht. In 99,9% aller Fälle wird man aber keine Schwierigkeiten mit dem Kaltstartstrom haben, denn lange bevor den Startstrom reduzierende Plattenbrüche auftreten, geht die Kapazität in die Knie, oder die Selbstentladung nimmt rasante Dimensionen an. Der Kaltstartstrom ist also kein wirklich Lebensdauerbegrenzender Faktor. Letztlich geht es eher darum, wie lange eine voll geladene Starterbatterie den kalten Motor durzudrehen vermag und das zielt eindeutig auf die vorhandene Restkapazität ab, nicht auf den Kaltstartstrom. Aber man kann auch einfach der Euro-Norm EN60095-1 entsprechend sagen, wenn der Akku die 10 Sekunden Kälteprüfstrom bis zum Erreichen von 7,5V bei -17°C mehr schafft, dann ist er verschlissen. Fragt sich nur, ob man dann wirklich schlauer ist...


    Der Wunsch, die verbleibende Restlebensdauer eines Akkus durch eine einfache Messung zu ermitteln, ist vermutlich so alt, wie es überhaupt Akkus gibt. Allerdings ist die Fragestellung an sich schon etwas unbeholfen, denn dafür müsste man überhaupt erst einmal ganz genau die zukünftigen Betriebsbedingungen definieren. Das allein ist ja im praktischen Betrieb schon eine Arbeit, die sich kaum jemand machen wird. Ein Messgerät kann dazu schon mal gar nichts sagen. Insofern sind auch alle "Messergebnisse" die solche Aussagen treffen sollen, im Grunde die reine Volksverdummung. Woher soll ein außen angeklemmtes Messgerät denn auch wissen, innerhalb welchen Zeitraums bestimmte Schäden an einer ersten Zelle auftreten werden, die in der Folge die Gesamtbatterie für die jeweilige Anwendung unbrauchbar machen, wenn es noch nicht einmal möglich ist, die Einzelzellenspannungen zu ermitteln, ohne Löcher ins Gehäuse zu bohren (s.o.)? Wenn überhaupt kann man sich nur einen Überblick über den IST-Zustand verschaffen, also Klemmenspannung, Kapazität (vollladen, entladen und dabei messen), (Gesamt-)Innenwiderstand, Selbstentladerate (vollladen, lange stehenlassen und Spannung messen) usw. Speziell bei der Kapazitätsmessung tritt allerdings so etwas änliches wie die "Heisenbergsche Unschärferelation" :D ein, weil die Messung an sich den Akku schon verändert (meist nachteilig -> hohe Entladetiefe, Verschleiss) und der Akku deshalb nach der Messung schlechter sein wird also vorher. Aber all das ist normalerweise auch nicht nötig, denn man kennt seine(n) Pappenheimer ja in der Regel ganz gut. Man merkt mit etwas Erfahrung, wenn er langsam zu schwächeln beginnt und schließt daraus messerscharf, das es bis zum unvermeidlichen Neukauf wohl nicht mehr lange dauern wird. Viel mehr wird man kaum je wissen, außer der Kamerad macht endgültig die Grätsche. Dann weiß man's ganz genau.


    Grüße, Tom

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