Hallo Tom,
ich habe mich vor einer Minute hier neu angemeldet, nachdem ich meinen ersten Beitrag, der mir auf der Zunge brannte, nach bestem Wissen schon im Noteblock formuliert hatte. Leider wird die Formatierung bei "drag & drop nicht korrekt übernommen.
Ich denke - hier bin ich richtig. In anderen Foren wird nur Halbwissen diskutiert - bis hin zu "das Sulfat mit der Bürste beseitigen und danach eine Wasserladung.
Aber zuerst einmal recht herzlichen Dank für dieses herausragende Forum und Deine wirklich sehr fundierten, sachbezogenen Beiträge ohne Verkäuferpolemik!
Ich hatte lange gezögert, diesen Beitrag zu verfassen, weil es eigentlich dafür noch zu früh ist.
Vorgeschichte:
Zur Person: Ich bin 60 Jahre alt, habe meiner heimlichen Liebe, der Elektronik vor ca. 40 Jahren den Rücken gekehrt, um stattdessen Versorgungstechnik zu studieren - abe nicht, ohne mich manchesmal wehmütig umzudrehen. So steht im Keller noch ein ca. 30 Jahre altes Eigenbau-Ladegerät für asymmetriche Wechselstromladung herum, das immer noch funktionierne würde. Ich werde wohl den selbstgewickelten 4mm² Wahnsinns-Trafo für Schnelladung nachnutzen. (Einweggleichrichtung ca. 10 A effektiv mit über die Akkuspannung gesteuertem Thyristor) mit dem ich damals schon
so manche Sulfatierung geknackt - aber dann auch aus Unkenntnis über die wahren Zusammenhänge die Akkus aus Ungeduld gnadenlos gekocht hatte. Internet war leider noch Utopie.
Aktuell auf das lange begrabene Thema bin ich vor drei Wochen zurück gekommen, nachdem mir auf der Suche nach dem richtigen Ladeverfahren bei Tiefentladung eine vollmundige Werbung für den Megapulser untergekommen war. Gibt es im gnadenlosen Verdrängungs-Kapitalismus wirklich solche verkannten Erfindungen, die in den Labors der großen Hersteller nicht längst darauf abgeklopft wurden, ein evtl. Alleinstellungsmerkmal zu sein? Unterschwellig mischt da sicher die Batteriemafia mit...
Ich wurde neugierig und habe jetzt 3 Wochen lang alles zum Thema Akkus, Ladeverfahren, Sulfatierung, Regenerierung, durchgeforstet, was das Internet hergibt. Es braucht immer erst einen Anstoß - bevor man sich informiert. Ich habe nach heutigem Wissensstand also in der Vergangenheit meine Batterien aus Unkenntnis auch immer weit jenseits jeder Herstellerpezifikation gehändelt - und sie haben nicht wegen Pflege, sondern trotzdem jahrelang durchgehalten! Wenn das kein Zeichen für absolute Robustheit ist? Ich denke, Millionen Autobesitzern geht es ebenso. Sie wissen es nur nicht.
Versuchsaufbau:
Aktuelle Autobatterie - hoffnungslos tiefentladen, weil ein Idiot in der Werkstatt die Zündung auf Dauerplus gelegt hatte. So stand das Auto dort ein paar Tage herum.
("Wir hatten die Batterie jetzt einen ganzen Tag am Ladegerät, aber ich gebe Ihnen erst einmal eine Ersatzbatterie von mir - diese ist wohl tot!")
Sie war noch keine 2 Jahre alt und ich habe sie dann doch lieber mit nach hause genommen, als ihr noch einen Tag in der Autowerkstatt am Ladegerät zuzumuten, auch um mein neues CTEK-Ladegerät auszuprobieren, das ja doch so gute Rezensionen!! bekommen hatte. Erst, als ich nach dem Einparken zuhause den Zündschlüssel abzog und der Motor munter weiterlief, bemerkte ich die Bescherung.
2 weitere Batterieleichen aus dem Keller meines WE-Hauses, die vorherige, sowie eine auf der Straße gefundene, die ich als "Tauschgegenstand" irgendwann mal mitgenommen hatte, um Pfand zu sparen. (Beide Fabr.Sonnenschein, ca. 8-10 Jahre alt? und hoffnungslos selbstentladen. Gemessener Kurzschlussstrom 110 bzw. 130 mA.)
Zuerst die Autobatterie an´s CTEK. Nach 10 min vollgeladen, hält die Spannung nicht - Störung. Dieses Spiel habe ich ca. 10x wiederholt und dann aufgegeben.
Ich kam auf die Idee, ein zweites, uraltes Ladegerät (Baumarkt-Billigmarke) zuzuschalten, um einen Stützstrom zu schaffen, der eine Gegenspannung aufbaut. Da dieses potentialgetrennt ist, klappte das problemlos.
Der vera****te Ladeprozessor pumpte 1 Stunde lang bereitwillig im "recond" Modus Ladestrom mit 15,8V Ladespannung in die Batterie und verhalf ihr damit zu neuem Leben. Sie ist jetzt "aufgeladener" denn je.
Nun war ich neugierig geworden: Ich holte meine beiden Leichen aus dem Keller und maß Restspannung und Kurzschlussstrom. Unter der Haube fand ich einmal eine Säuredichte von knapp 1,1 g/cm³ und bei der anderen gar nur 1,0 g/cm³ bei einer Restspannung von 4,6V vor. (Ich habe tatsächlich vorsichtig einen Tropfen der Flüssigkeit gekostet und es schmeckte noch sauer). War also kein Aqua-Dest drin...
Diesmal schloss ich den Baumarktlader gleich an die parallell geschalteten Batterien an und ging hoffnungsvoll zu Bett. Das würde diesmal wohl richtig dauern.
Das Gerät hat eine extrem weiche Kennlinie - ein Meisterwerk deutscher Ingenieurskunst im Weglassen. Das Überladen einer 12V-Batterie ist mit diesem Ladegerät wirklich nur mit Vorsatz möglich. Die Leerlaufspannung beträgt sekundärseitig 11,8V, nach dem Gleichrichter also 15V. Bei Belastung mit 150 mA bricht die Spannung auf 13,8 V ein. Nach einem Tag begannen die Batterien langsam, Strom aufzunehmen.
Direkt an die Batteriepole hatte ich einen guten Vielfachmesser angeklemmt und beobachtete voller Begeisterung die exotischsten Spannungssprünge und-Erholungen. Die Verharrungsspannung lag nach 5 Tagen bei 14,43 V, unterbrochen von langsamen Anstiegen bis 14,9 und längerdauernden Einbrüchen von 200-300 mV.
Die Säuredichte ist bei beiden Batterien und in allen Zellen nahezu gleichmäßig auf 1,15 g/ml angestiegen und !steigt allmählich weiter an. (Nachtrag 24:00 Uhr: Dichte 1,2 g/ml)
Ich werde protokollieren und abschließend korrekt über den Verlauf des Experiments berichten - da mich insbesondere stört, dass ich nirgendwo im Netz verlässliche Informationen über den Verlauf einer Desulfatierung mit irgendeinem Gerät auffinden konnte. Sonst gibt es doch immer bei Amazon z.B. Rezensionen, die bis ins Detail genau berichten? Es müssten doch in Deutschland mittlerweile hunderttausende solcher "Entladepulser" in Autos eingebaut und dann "vergessen worden" sein?
Hypothese:
Latente Sulfatierung ist die Methode der chemischen Energiespeicherung im Bleiakku. Ohne sie gäbe es ihn nicht.
Wird er mißhandelt - manifestiert sie sich, indem bei Mini-Spannungen die Oberflächen zuwachsen, wie beim Hartverchromen.
Verdünnte Schwefelsäure unter einer Konzentration von 1,3 g/ml ist hierzu allein nicht in der Lage - es bedarf zwingend hierzu eines Ladunsaustausches.
Megapulser, die die Kristalle "wegsprengen" erinnern mich, nachdem ich mich mit der Materie einigermaßen vertraut gemacht habe, sehr an ein von Fassbender gut verfilmtes Buch von Gunther Grass.
Dass sich einige große Elektronik-Versender nicht zu schade sind, Entlade-Pulser anzupreisen, ist eine Schande.
Es handelt sich bei Aufladung und Entladung eines Bleiakkus um elektrochemische Prozesse, die sich auf Ionen-(also um Teile seiner Hülle beraubtes Atom)-Ebene abspielen. Ein solches möchte ich zuhause lieber nicht hochfrequent zertrümmern. (Ich habe 8 Jahre an einem Kernkraftwerk mitgebaut. )
Tatsächlich interessant ist es hingegen, am empfindlichen Voltmeter zu beobachten, wie unter andauerndem energiereichem Elektronenbeschuss ein Bleisulfatkristall zusammenbricht - wie viel Energie tatsächlich benötigt wird, ihn tatsächlich aufzulösen und wie sich die Spannung danach allmählich bis zum nächsten Treffer wieder bis knapp unter 15 V stabilisiert. (Vermutlich werden jedesmal auch kleine Hohlräume freigelegt, in denen dann Folgereaktionen stattfinden.)
Es muss also zuerst eine "Vorspannung" - oder auch ein Ionen-Druck im Elektrolyten aufgebaut werden, der den freien Elektronen diese Energie verleiht. Es werden auch keine Kristalle "gesprengt" oder "zertrümmert" - sie werden in Atome aufgelöst, die sich dann wieder als aktive Masse an der Elektrode anlagern. Insofern ist es völlig egal, ob dieser "Energieeintrag über die Zeit" mittels Gleichspannung unterhalb der Gasungsspannung (meine Akkus gasen nicht sichtbar!) oder mittels energiereicher Impulse erfolgt. Auch die verwendete Impulsform für den Energietransfer dürfte einem "Kondensator" mit geschätzt mindesten 10 kilo-Farad ziemlich egal sein!
Selbst bei angelegter Gleichspannung bedarf es nach Stromunterbrechung einer "Einschwingzeit" von mehreren Minuten, bis die Reaktion in Gang kommt.
Entscheidend dürften allein die eingespeisten mAh sein, sofern sie nicht sofort in die Gasung gehen, sondern im Elektrolyten verbleiben.
(Meine beiden Akkus entwickeln sich übrigens trotz sehr unterschiedlicher Ausgangssituation völlig gleichmäßig!)
Ich habe auch beobachtet, dass sich die Akkus nach Trennen von der Versorgungsspannung weiter regenerieren.
Das ist nicht so esotherisch, wie es klingen mag - bei einer Ladeschlusspannung von nahe 15V bleibt bis 9 V genug "Luft", um durch Umladung innerhalb der Zelle einen Ladungsausgleich zu Lasten des Bleisulfates vorzunehmen.
Erkennen kann man diesen Umwandlungsprozess sehr gut, indem man einen Akku, der sehr schlecht Strom annimmt, einige Zeit ruhen lässt und dann erneut bis "voll" auflädt. Es tritt über die Anzahl der Zyklen unweigerlich eine Erholung ein, wenn der Akku keinen Zellenschluss aufweist.
Die Desulfatierung schreitet also durchaus auch bei niedriger Spannung voran. Man darf sich nur nicht ins Bockshorn jagen lassen, "weil der Akku die Spannung nicht hält".
Ein unangenehmer Nebeneffekt jeder Desulfatierung sollte nicht verschwiegen werden: Da sich das Ganze tatsächlich auf atomarer - also Ionen-Ebene vollzieht, ist ein Kapazitätsverlust unvermeidlich.
Die Kapazität moderner Akkus ist durch Vergrößerung der Oberfläche künstlich aufgebläht. Da sich aber strömende Gase, Flüssigkeiten und erst recht der "Strom" mit dem ohmschen Gesetz und erst recht mit Kirchhoff sehr gut auskennen, werden die Bleiatome oder Oxidmoleküle auch das letzte Loch in der unebenen Elektrodenoberfläche finden und sich genau dort anlagern. (Was zwangsläufig zu recht glatten Oberflächenstrukturen führen wird). Abhilfe könnte hier nur teilweise eine Brutalentladung mit mehreren gebündelten Halogenlampen bis ca. 2,0 V und anschließende Ladung mit Maximalstrom bringen. Die ursprüngliche Kapazität wird man aber nie mehr erreichen. (Vgl. Galvanik - schwammige Oberflächen bei zu hoher Reaktionsspannung)
Grüße - Martin
Edit 23.11.13: Formatierung korrigiert, Smileys