Batterietypen und Pulsladespannung

  • Hallo Tom,
    Vorgeschichte:
    ich habe zwei neue Optima BlueTop 66 Ah AGM Spiralzellbatterien. Im KFZ werden sie später nach Bedarf und Ausgleichsladung mit 54mm² parallel zusammengeschaltet.
    Eine hat nach Erstbel. 13,1 Volt Ruhestrom, die andere 12,8 V nach zwei Tagen tendenz weiter fallend bis 12,68 V. Geladen mit altem Fronius Acctiva 12/20 Ladegerät / 14,4 Volt. Die Schwächere habe ich jetzt zwei mal 50% entladen und wieder beladen - kaum Steigerung zu verzeichnen.
    Hersteller Empfehlung Batt ist 13,8 bis 15 Volt max bei 10 Ah.
    Erhaltungsl. 13,2 bis 13,8 V. Schnelladung mit 15,6 Volt ohne Ah. Begrenzung. Möglicherweise wäre ein CTEK 10 Ah temperat. geregelt/ Schneeflockenmodus 14,7 V oder GYSFlash 7A Ladegerät mit 14,6 Volt Ladespannung/ für diesen Typ das richige, habe ich aber noch nicht.


    Meine Vermutung: Die Batterien haben über Monate nur bei 12,65 Volt gestanden und haben unterschiedliche Zellspannungen und weisen Sulphatisierung auf bzw. sind nicht aktiviert.



    Wenn ich beide Batterien in ihrer Leistung wieder refreshen will - so 13,2 V Ruhespannung könnte mir ihr Pulser da weiterhelfen?
    Meine Fragen sind folgende:


    Altern/ Sulphatisieren einzelne Zellen durch Lagerung unterschiedlich?


    kann der Pulser dann unterschiedlich gealterte Zellen/Zellspannungen aktivieren? welche Ladespannungen sollte ich nehmen?


    wie kann ich einen vermuteteten Zellenausgleichs-Unterschied wieder angleichen ohne VliesGel Ausgasung/ Welche Spannungen?
    Sollte ich mir die schlechtere Batterie noch austauschen lassen, Kann ich ein Zellausgleich erwirken oder reicht das bepulsen?


    Fragen über fragen ich hoffe das ist noch im Rahmen.
    noch eine am Rande: Kann dieser Stromstoßpulser auch die Alterung bei Litiumeisen Batt. optimieren?


    Mit freundlichen Grüßen,


    Martin

  • Hallo,


    die Ruhespannung der Batterien darf man in ihrer Aussagekraft keinesfalls überschätzen, die sagt nämlich fast nichts aus. Sie lässt sich nur so schön einfach messen, weshalb auch immer wieder versucht wird, aus der so gemessenen Spannung irgendetwas herzuleiten. Besonders die Analogie 'hohe Ruhespannung = viel gut' ist immer wieder äußerst beliebt - aber dennoch unsinnig. Denn die Ruhespannung steigt zum Ende der Lebensdauer sogar noch deutlich an.


    Einzig aussagekräftig sind drei, bzw. vier Messungen:


    • Kapazitätsmessung: Akku über wenigstens 12 Stunden vollständig aufladen, dann bis etwa 11V Klemmenspannung mit 1/10 der Nennkapazität (also 6,6A Entlade-Konstantstrom bei 66Ah Nennkapazität) entladen. Die so ermittelte Kapazität entspricht der aktuellen Batteriekapazität. Nachteil: Messung dauert lange und kostet wegen der hohen Entladetiefe zwangsläufig etwas Lebensdauer.
    • Messung des Innenwiderstandes: Leider ein ziemlich kompliziertes Messverfahren, besonders bei hochstromfähigen Batterien, setzt darüber hinaus entsprechende Geräte voraus, die mehrere zehn bis hundert Ampere über einen definierten Zeitraum aufnehmen können. Diese Geräte hat man meist nicht zur Verfügung, weshalb diese Messung nur selten durchgeführt werden kann.
    • Messung der Selbstentladerate: Batterie mit bekannter Kapazität voll aufladen und über wenigstens vier Wochen (günstiger wären drei bis sechs Monate) nicht zu warm stehen lassen. Dann eine Kapazitätsmessung zur Ermittlung der verbliebenen Kapazität durchführen. Die besonders lange Dauer dieser Messung führt dazu, dass sie kaum je "geplant" durchgeführt wird. Da sich einzelne Zellendefekte aber meist durch eine deutlich erhöhte Selbstentladerate verraten, kann diese Messung viele Informationen über den Akku zutage fördern. Da man aber die Spannungen der einzelnen Zellen bei gekapselten Batteriegehäuse kaum messen kann, erübrigt sich diese Mühe im Grunde. Ich hab aber auch schon Löcher in Gehäusedeckel gebohrt, um mit Nadeln die Zellenverbinder abzugreifen... :D
    • Elektrolytdichte messen. Geht natürlich nur bei Nass-Batterien mit Zellenstopfen, leider eine aussterbende Spezies.

    Was bleibt bei den genannten Optimas von diesen Punkte übrig? Wohl nur Punkt 1. Also in den sauren Apfel beißen und entweder ein Ladegerät mit Kapazitäts-Messprogramm beschaffen, oder mittels passenden 12V-Glühlampen entladen und dabei den Spannungsverlauf am Messgerät beobachten. Dabei dann die Zeit bis zum Erreichen von 11V stoppen. Das geht eigentlich immer.
    Was nun tun, wenn die so ermittelte Kapazität überraschend niedrig liegt? Ein Desulfatierer bringt nur die Kapazität zurück, welche in übergroßen Sulfatkristallen steckt, die sich noch in den Ableitgittern befinden. Alle anderen Ursachen von Kapazitätsverlust können auch die besten Pulser nicht beheben. Eine Abschätzung ob Bepulsung etwas bringt, ist also möglich, indem man sich die Batterievergangenheit anschaut: Sind lange Verweilzeiten in teilweise oder ganz entladenen Zustand darunter, wird passiviertes Sulfat vorhanden sein. Wurde die Batterie dagegen immer gut geladen gehalten, wird ein Pulser vermutlich nicht viel bringen. Mit den Optimas habe ich selbst einige Erfahrungen mit im Neuzustand deutlich zu geringer Kapazität sammeln müssen, weshalb ich annehme, dass der Hersteller die Optimas "überzeichnet", also eine höhere Nennkapazität draufschreibt, als sie tatsächlich speichern können. Dagegen ist natürlich kein Kraut gewachsen. :pinch:


    Achso, da wäre noch die Frage: Sulfatieren die Zellen einer Batterie unterschiedlich stark? Ich sag mal so: Die Zellen laufen mit der Zeit in ihren Daten auseinander. Erfahrungsgemäß ist eine Zelle die schwächste und die wird nun im Betrieb immer "relativ" stärker belastet als die anderen, wodurch deren Verschleiß auch noch am stärksten ist. Diese Zelle wird also mit großer Wahrscheinlichkeit diejenige sein, die als erste die Grätsche macht. Das zeigt sich anfangs durch einen gegenüber den anderen Zellen verringerten Ladezustand und später dann in der weiter oben erwähnten angestiegenen Selbstentladerate. Noch später treten dort dann die ersten kapitalen Defekte auf, die schließlich zum Ausfall der gesamten Batterie führen. Um auf die eingangs gestellte Frage zurück zu kommen: Zu Anfang eher nicht, später dann aber um so mehr, je älter und verschlissener die Batterie ist.
    Um die Zellen einer gealterten Batterie wieder anzugleichen, muss man nur deutlich überladen, also schon mal deutlich länger laden als 12 Stunden. Erst werden nur einzelne Zellen zu gasen beginnen, später werden dann alle gleichmäßig gasen. Damit es hierbei nicht zu Schäden kommt, sollte die Batteriespannung keinesfalls über 15,5V bei max. 25°C ansteigen und der Ladestrom sollte auf 5 bis höchstens 10% der Batteriekapazität begrenzt werden, sonst erhitzt sich die Batterie zu stark und es könnte zum "thermal runaway" kommen. Eine Austrocknung ist noch nicht zu befürchten, solange man nicht gerade über Wochen überlädt.
    Man kann dieses Angleichen auch sehr elegant mit einem Ladestrompulser wie dem Power-Pulsar vornehmen. Vorteil: Es gibt keine negativen Erscheinungen wie Gasung oder Zellenkorrosion. :thumbsup: Nachteil: Es dauert wegen des geringen mittleren Ladestrom ziemlich lange. Am besten also erst mit einem normalen Ladegerät so weit es geht aufladen und dann wenigstens zwei Wochen lang bepulsen. Das gibt meist eine wunderbar ausgeglichene Batterie. Wenn man diese Prozedur regelmäßig durchführt, wird man kaum je Ärger mit seinen Batterien haben.
    Bei auf Lithium-Technik basierenden Akkus sind die Spannungen immer kritisch, weil die Aktivmaterialien bei auch nur geringfügig oberhalb der Herstellerspezifikation liegenden Spannungen zersetzt werden. Aus diesem Grund möchte ich eher von solchen Versuchen abraten. Allerdings habe ich selbst das auch noch nie ausprobiert.


    Grüße, Tom

  • Hallo Tom,


    Danke für die ausführlichen Informationen!


    Frage 1: Kann ich zwei in der Spannung und Kapazität ähnliche 66Ah Optima Batterien Parallel/ 12V zusammenschalten und an den Pluspol der ersten und Minuspol der zweiten Batterie den Pulser anhängen oder empfiehlt es sich die Batterien einzeln zu bepulsen?
    So wie ich es im Forum gelesen habe verhindert der Zusammenschluss eher eine zu hohe Spannungszunahme - jedenfalls bei vollen Batterien AGM Vlies um die 12,95 Volt. Ab welcher Spannung sollten die AGM abgeklemmt bzw. entladen werden ? 14,8 V ?


    Frage 2: Kann ich den Pulser durch eine Schotky Diode/geringer Spannungsabfall/ Verpolungssicher bauen? Habe so ein wenig Löterfahrung und weiß das vorher der Stecker gezogen wird, die Garantie erlischt. Der Plan unter
    http://www.microcharge.de/foru…werPulsarBauanleitung.pdf ist noch so aktuell ? Wo wird die Diode dann angelötet ?
    Wie groß sollte die Diode sein?


    Frage 3 Können die Pulser Kabel in der Länge und Dicke verändert werden oder an welche Maße sollte sich gehalten werden?


    Frage 4: Ulf schreibt in
    Power-Pulsar mit schaltbarer Ladestromreduzierung:
    Gleichzeitig habe ich das Stromniveau in den frequenzbestimmenden
    Bauteilen des Impulsgenerators (R3 und C4) auf ca. 1/10 der
    Originalschaltung reduziert, um möglichst viel der nicht allzu üppigen
    Netzteil-Leistung als Nutzstrom für Batterieladung und
    Desulfatisierungs-Impulse zu herauszubekommen.
    Macht diese Modifikation Sinn und wie wird sie realisiert? Möglicherweise geht die Frage aber auch zu weit.

  • Einen wirksamen Verpolungsschutz kann man leider nicht mit einer einzigen Diode aufbauen, da braucht es doch deutlich mehr. Ich hatte ja weiter vorn schon darauf hingewiesen, dass für einen wirksamen Verpolungsschutz entweder die Einsatzbandbreite des Geräte eingeengt, oder die Desulfatierungleistung sinken würde. Zudem würde der Herstellungsaufwand deutlich steigen und gerade da liegt ja leider mein größtes Problem, weil alle meine Geräte (mit Ausnahme der Industrie-Ladegeräte) zu 100% von Hand hergestellt werden. Anders sind Ministückzahlen von wenigen Hundert Stück innerhalb von einigen Jahren auch gar nicht produzierbar, wenn man nicht gerade hauptberuflich bei einem Gerätehersteller arbeitet und dann dort nach Feierabend Bestückungs- und Lötautomaten kostenlos mitbenutzen darf (wie es manche meiner (Klein-)Wettbewerber tatsächlich tun).


    Durch Änderungen der Arbeitsfrequenz des Pulsers kann man in der Tat die Leistungsabgabe an den Akku steuern, denn die Menge der Impulse pro Zeiteinheit steuert natürlich analog die abgegebene Energiemenge. Die Frequenz wurde dann auch etwa auf ein Optimum bei der Leistungsanpassung zwischen Netztrafo und Desulfatierungsleistung abgestimmt, um weder den Trafo zu überlasten, noch verfügbare Leistung zu verschenken. Da keine Leistungsregelung existiert, besteht leider auch das Problem, dass kleine Akkus unter 20Ah durchaus nach einer Weile der Bepulsung auf eine nicht besonders gesunde Erhaltensladespannung angehoben werden. Deshalb empfehle ich auch, keine Akkus mit weniger als 20Ah anzuschließen, jedenfalls nicht für längere Zeit. Größere Akkus verdauen die Dauerbepulsung mit dem Power-Pulsar dagegen klaglos und ohne Schäden.


    Grüße, Tom

  • Hallo Tom,


    ganz herzlichen Dank für die Fachinformationen zu meiner schwächelnden neuen Batterie. Wie Sie empfohlen haben wurde sie zurückgeschickt und siehe da: Der Verkäufer hat sie testen lassen und bestätitgt das sie einen Defekt hat.


    Es handelt sich um eine Optima BlueTop VRLA AGM Technologie, Spiralzellen 12 Volt 66Ah Batterie.


    1. Frage: Ich belade OptimaBT und nach 3 Std. sackt sie auf 13,12 V ab. Dann schließe ich profilaktisch den PowerP. an und nach ein paar Stunden klettert die Spannung auf 14,5 V hoch. Die Ladeschlussspannung bei diesen Batterien sollte 13,2V bis 13,8V sein bei max 1 Ah. Aus anderen Quellen weiß ich das eine Zellausgleichsladung ab 14,9V bis 15,4V geschieht bei 1,75 bis max. 2 Ah die aber bei geschlossenen Typen wegen Gasung problematisch ist.


    Wie schätzen Sie den Einsatz des PowP. nach einer 75% Entladung und anschließenden Volladung ein? Wie lange sollte der Pulser dranbleiben? Anzeige ist zu Beginn grün und wird bald grün/gelb und dann gelb.


    2. Frage: Kann man den 100Ah Entladeimpuls zur Impfung durch Einbau in den Startvorgang des KFZ erreichen? Starterpower.
    Das von Ihnen erwähnte Entladegerät zur Kapazitätsmessung habe ich im Internet nicht gefunden.


    3. Frage: Meine volle /14.02 V/ Batterie bricht zu Beginn der C10 Entladung recht stark auf 12,58 Volt ein und sinkt dann bei 3,8 bis 3,73Ah nach meiner Leistungsmessung mit KFZ Lampe 55W Entladung linear auf 11,84 Volt unter Last über 10 Std ab. Anschließend 12,02 V Ruhespannung. Berechnet habe ich eine 57% Entladung mit ca. 38 Ah Entladung.
    Ist diese Batterie durch den Pulser noch ein wenig zu toppen?
    warum messe ich 3,8 Ah bei 55 Watt Lampe?
    stimmen meine Berechnungen?


    Ich hoffe ihre Zeit nicht über Gebühr zu beanspruchen aber sie haben das Wissen.
    Danke für Antworten.


    herzliche Grüße,
    martin

  • Hallo,


    wenn der Power-Pulsar nach längerer Bepulsung von Grün auf Gelb wechselt, dann nimmt der Akku die Nadelimpulse nicht mehr auf. Gerade bei neuen Akkus ist das typischerweise darauf zurückzuführen, dass kein Bleisulfat mehr vorhanden ist. Sind Akkus älter, tritt dieses Umschalten nach Aufbrauchen allen Bleisulfates in der Regel nicht mehr auf, weil die Nadelimpulse dann durch andere elektrochemisch-physikalische Vorgänge absorbiert werden.


    Zwei bis vier Wochen kann man den Power-Pulsar in jedem Fall bedenkenlos angeschlossen lassen, bei Akkus über 66Ah auch durchaus ständig. Der Dauerladestrom ist mit etwa 0,1A zu gering, um Schäden zu verursachen. Und wenn sich nach 10 Jahren Dauerbepulsung dann doch mal ein Akku zerlegt hat, dann kann man sich trösten, dass dessen Lebensdauer mit 10 Jahren doch auch nicht schlecht war. ;)


    Natürlich kann man vollständig geladene(!) Bleiakkus auch ganz vorzüglich mit dem Anlasserstrom impfen. Man muss danach nur dafür sorgen, dass der Akku danach nicht mehr geladen wird. Also Motor gleich wieder abstellen und zu Fuß zum Bäcker gehen. Ist sowieso viel gesünder... :P


    Das von mir empfohlene Batterie-Testgerät YATO YT-8311 ist kein Kapazitätstestgerät, sondern nur ein Prüfgerät, um den Innenwiderstand des Akkus bei Hochstrombelastung zu überprüfen, also wie stark die Klemmenspannung bei Belastung einbricht. --> Google-Suche


    Bitte nicht Ampere (A) und Ampere-Stunden (Ah) durcheinanderwürfeln, mir wird sonst schwindelig. :huh: Ampere beschreibt die Menge des fließenden Stroms, Ampere-Stunden dagegen eine strombezogene Ladungsmenge.


    Da KFZ-Scheinwerfer-Lampen stets einen Spagat zwischen Lichtausbeute und Lebensdauer versuchen müssen, ist es notwendig, dass sie nicht auf die Batterie-Nennspannung von 12V, sondern auf die Bordnetzspannung bei laufendem Motor von 14V ausgelegt werden. Diese Lampen sollen also bei 14V 55W aufnehmen, was dann einem Strom von 3,92A entspricht. Schließt man dieselbe Lampe statt an 14V an 12V an, vermindert sich der Strom auf etwa 3,8A.


    Ich verwende als Ballastwiderstände gern 12V/50W-Halogenlampen für den Hausgebrauch, die im Unterschied zu den KFZ-Lampen stets auf 12V ausgelegt sind. Deren Stromaufnahme beträgt dann bei 12V etwa 4,2A.


    Ob sich Batterien durch Bepulsung verbessern lassen, kann nicht pauschal vorhergesagt werden. Soweit grobes Bleisulfat vorhanden ist, ja. Wenn nicht, dann nicht.


    Grüße, Tom

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