Lötproblem

  • Hallo,

    ich weiß gehört hier nicht her aber hier gibt es bestimmt auch erfahrene Löter.

    Auf einer Platine aus einem KFZ befindet sich ein aufgelötetes Relais das kaputt ist und deshalb raus soll.

    Mein 100 Watt Lötkolben schafft es allerdings nicht, die Lötstelle soweit zu erhitzen dass das Lot flüssig wird.

    Wie würdet ihr vorgehen um das Relais auszulöten?

    Wollte als nächstes einen Heißluftfön benutzen, jedoch weiß ich nicht ob die Platine das aushält.

    Wieviel Grad Celsius hält so eine Platine aus?

    Löthammer mit 300 Watt?


    Maße der Lötstelle: 15mm x 4mm

  • So großflächige Lötstellen sind nur schwer zu entlöten, insbesondere wenn einem die Erfahrung fehlt. Deshalb das Wichtigste gleich als erstes:


    §1: Beim Elektroniklöten benötigt man Flußmittel. Jede Menge Flußmittel! Natürlich Kolophonium, keine Salzsäure, als würde man Dachrinnen löten. Kolophonium befindet sich im Innern des Elektroniklotes, weshalb man beim erhitzen jeder Löltstellen immer genügend davon hinzugibt. Ersatzweise kann man auch Löthonig nehmen, dass ist in Alkohol aufgelöstes Kolophonium. Weil nämlich, anders fließt das alte Lot nie nicht, selbst wenn man es noch so heiß macht. Und es soll ja auch aus den Spalten der Durchkontaktierungen herauskommen, denn anders bekommt man ja das Bauteil never ever heil raus.


    §2: Zum Löten, insbesondere zum Entlöten müssen die Lötstellen heiß genug sein. Blöd nur, dass gutes Elektroniklot nach allerspätestens 2 Sekunden bei richtiger Löttemperatur all sein Flussmittel in Rauch verwandelt hat. Danach ist das Lot also flussmittelfrei und klumpt unlustig vor sich hin. Damit kann man dann alles mögliche machen, nur Löten kann man damit dann nicht mehr. Außer - ja außer, man gibt wieder flisches Flußmittel hinzu. Dann verwandelt sich der unlustige Klumpen sofort wieder in jungfreuliches Elektroniklot.


    Aber nur für höchstens zwei Sekunden bei Löttemperatur... :P Deshalb kommen wir nun zu


    § 3: Löten soll schnell gehen! Naja, leicht gesagt, wenn das Aufheizen einer, geschweige denn mehrerer Lötstellen gleichzeitig, schon mehrere Minuten dauert. Also braucht man auch noch die passende Leistung zum Löten. 100W sind schon mal nicht schlecht, aber wenn eine Leiterplatte wie Deine doppelseitig dick mit Kupfer kaschierte Flächen aufweist, dann wird die Hitze natürlich ultraschnell abgeleitet. Hier kann in der Tat Heißluft helfen, aber nur dann, wenn die Luftdüse groß genug ist und die Leistung des Heißpusters auch wenigstens mehrere hundert Watt beträgt.


    Notfalls nimmt man mehrere Hände und mehrere Löthitzequellen, muss dann aber die Leiterplatte vorher in geeigneter Weise so einspannen, dass man sie nicht auch noch festhalten muss. Dann wird der Bereich um die Anschlüsse des zu entlötenden Bauteils möglichst gleichmäßig erwärmt und die Lötstellen dabei mit Flußmittel oder reichlich frischen Elektroniklot versorgt, damit das Lot zu fließen beginnt. Idealerweise wird dann bei auf den Kopf gedrehter Leiterplatte irgendwann das zu entlötende Bauteil herausfallen. Wenn der Hersteller nicht vor dem Verlöten einzelne Anschlüsse seitlich verbogen oder verstemmt hat, damit das Teil beim Lötbad nicht aus der richtigen Position rutscht. Falls das doch der Fall ist, bleibt nicht anderes übrig, als die betreffende Anschlüsse zuvor einzeln zu erhitzen, bis das Lot geschmolzen ist und diese dann so zu richten, dass sie sich leicht herausziehen lassen, wenn alles Lot an allen Anschlüssen flüssig ist.


    Letztlich ist Löten ein Handwerk, dass man nicht an einem Tag lernt. Aber das Löten an Elektronik-Leiterplatten ohne ständige Flußmittelzugabe unmöglich ist, lernt man eigentlich schon in den ersten drei Minuten. Weshalb ich mich immer so wundere, dass Lötnewbies diesen allerallerwichtigsten Punkt teilweise auch noch nach Jahren sinnfreien Knödelschiebens noch nicht begriffen haben. :pinch: Also noch mal: Man kann nie genug frisches (Elektronik-)Lot zugeben. Was zuviel ist, lässt man einfach bei schräg gestellter Leiterplatte heruntertropfen.


    Als Tipp eine einfache Übung aus der Tube, die ich da mal vor Jahren hochgeschoben habe:

    Viel Erfolg!


    Grüße, Tom

  • Da fragste mich jetzt was. Die normale Löttemperatur liegt bei etwa 280°C. Über 350°C kommt es bei längerer Einwirkung vermutlich zum Verschmoren. Aber das merkste dann schon.


    Löthonig sollte man bei solchen Operationen immer zur Hand haben, aber genügend Elektronikllot tut es ebenso.


    Wichtiger ist, dass man einen Plan entwickelt, wie man das defekte Teil rausbekommt und den Rest nöglichst heil lässt. Wenn es sich um ein Relais mit vielen Anschlüssen handelt, kann man auch versuchen, das Teil auf der Bestückungsseite in keine Portionen zu zerlegen, damit man es nicht in einem Stück auslöten muss. Also z.B. Pins, soweit sie zugänglich sind, von der Bestückungsseite aus abschneiden, bzw. Gehäuseteile des zu entfernenden Teils mit Dremel und einer Diamanttrennscheibe zerschneiden, um sich so die eigentliche Arbeit des Auslötens zu erleichtern. Oft kann man auch durchaus etwas hemdsärmelig mit der Pumpenzange dran herumwürgen, ohne dass die Lötpins aus der Platine gerissen werden und das Teil so in kleine Stücke zerlegen. Da muss man eben etwas Fantasie entwickeln. Ich überschlafe solche Operationen gern erst mal und am nächsten Morgen hab ich komischerweise meistens einen Plan, wie ich es mache. Und dann klappt es auch. oO)


    Grüße, Tom

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